Vom 19. bis 21. September fand in Laibach der diesjährige Kongress des European Resuscitation Council (ERC) statt. Hier ausgewählte Studien aus Österreich, die in der slowenischen Hauptstadt präsentiert wurden.

Optimiertes Ablaufmanagement im Fall eines akuten Herzstillandes

Optimiertes zeitliches Ablaufmanagement kann den Transport von Patientinnen und Patienten nach akutem Herzstillstand ins Spital verkürzen und eine frühere extrakorporale kardiopulmonale Reanimation (eCPR) ermöglichen. Dies hat die „Transport In Medical Emergency Simulation Study” (TIME-Sim) der Universitätsklinik für Notfallmedizin und der Berufsrettung in Wien ergeben1. eCPR als Zweitlinien-Therapie bei Herzstillstand (cardiac arrest/CA) erzielt die besten Ergebnisse innerhalb einer möglichst kurzen Zeitspanne ab Eintritt eines CA. Gerade im urbanen Bereich mit kurzen Transportwegen erscheint die am primären Einsatzort verbrachte Zeit (Scene Time Interval – STI) durch optimales zeitliches Management beeinflussbar.

Im Rahmen der Simulationsstudie übten vier Rettungsteams lebenserhaltende Maßnahmen (Manikin-Modell) in sechs verschiedenen CA-Szenarios. Nach zwei der Testläufe wurden sie über optimiertes Zeitmanagement instruiert: Das Spineboard® wird sofort zum Patienten gebracht, dieser sofort darauf platziert. Mechanische Reanimation und Krankenhaustransport erfolgen so früh wie möglich. Dieses und das herkömmliche Szenario wurden mehrfach getestet. Es gab eine Verringerung des STI von 22:06 Minuten +/- 04:35 Minuten auf 14:28 +/- 01:19 Minuten (p=0,001). Mechanische Reanimation erfolgte durch die optimierten Abläufe früher (binnen 1:10 Minuten +/- 00:27 Minuten versus 2:56 Minuten +/- 1:40 Minuten; p=0,004). Schon nach 6:10 Minuten +/- 1:27 Minuten wurde der Patient bereits zum Notfallwagen gebracht (sonst: 12:44 Minuten +/- 3:30 Minuten (p=0,001). Die Qualität der Reanimationsmaßnahmen unterschied sich je nach verfolgter Strategie nicht.

Regionale Sauerstoffsättigung des Gehirns und neurologisches Outcome nach CPR

Die regionale Sauerstoffsättigung im Gehirn (rSO2) kann mittels Nah-Infraro-Spektroskopie (NIRS) gemessen werden und kann Aussagen über den neurologischen Outcome nach Herz-Kreislauf-Reanimation infolge eines Herzstillstandes ermöglichen. Dies hat eine Studie von Wiener Notfallmedizinern unter Beteiligung von US-Experten ergeben, die in Laibach präsentiert wurde.2

Zwischen Jänner und April 2019 hatten von 10 Patientinnen und Patienten nach einem Überleben von 30 Tagen fünf Patienten einen zufriedenstellenden neurologischen Status (CPC 1 oder 2). Höhere rSO2-Werte vor und nach dem spontanen Wiedereinsetzen der Herztätigkeit deuteten auf eine statistisch signifikant höhere Überlebensrate (30 Tage) und einen besseren neurologischen Status hin. NIRS (prähospital und bis 72 Stunden nach Wiederherstellung der Herzaktion) erscheint machbar und kann prädiktiven Wert haben.

Lebensqualität von Langzeitüberlebenden nach Herzstillstand

Langzeitüberlebende nach einem Herzstillstand mit kardio-pulmonaler Wiederbelebung zeigen auch Jahre nach dem Akutereignis zu einem erheblichen Anteil eine verringerte Lebensqualität und psychologische Störungen. Das hat eine Wiener Studie auf der Basis von Interviews mit Betroffenen ergeben, die beim ERC-Kongress vorgestellt wurde3.

Von den 4.234 an der Wiener Universitätsklinik für Notfallmedizin wegen eines plötzlichen Herzstillstandes außerhalb oder innerhalb des Krankenhauses behandelten Patientinnen und Patienten der Jahre 1996 bis 2015 lebten nach einem Jahr noch 16,4 Prozent (693). Mit 178 der Betroffenen konnten standardisierte Telefoninterviews durchgeführt werden (72 Prozent Männer, mittleres Alter 59 Jahre), das mittlere Überleben nach Herzstillstand betrug acht Jahre.

Höheres medianes Alter war ein unabhängiger prädiktiver Faktor für einen höheren Grad bleibender Behinderung (mRS >3) und für eine geringere Lebensqualität. 48 Prozent der Langzeitüberlebenden zeigten psychologische Störungen, fast die Hälfte berichtete von signifikanten Störungen im täglichen Leben. 37 Prozent dieser Personen berichteten von chronischen Angstzuständen. Frauen litten daran häufiger, längerer komatöser Zustand nach dem Herzstillstand dürfte solche Symptome fördern. Mehr als 60 Prozent der Langzeitübelebenden berichteten von Schlafstörungen.

Verbesserte nicht-medizinische Kompetenzen beeinflussen die Informationsweitergabe in medizinischen Teams

Der Frage, ob eine zusätzliche Ausbildung in nicht-medizinischen Kompetenzen – wie eine optimale Kommunikation der entscheidenden Patienteninformationen – innerhalb medizinischer Akutteams Verbesserungen bringen kann, beschäftigte sich eine Grazer Studiengruppe.4 Absolventinnen undAbsolventen mehrerer notfallmedizinischer Kurse (Immediate Life Support Courses – ILS) wurden in zwei Gruppen eingeteilt. Eine erhielt ein 45-minütiges Training zur Verbesserung nicht-medizinischer Kompetenzen wie Informationsweitergabe etc., die zweite Gruppe nicht.

Im Rahmen der Simulation des Eingreifens bei akutem Herz-Kreislauf-Versagen (CAS) wurden das Agieren und die Kommunikation der wichtigen Informationen über den Patienten per Video festgehalten. 25 Video-Clips stammten von der Interventionsgruppe, 18 von der Kontrollgruppe. Vier Aspekte (Situation, Background, Assessment und Recommendation) konnten mit je drei Punkten bewertet werden. Die Interventionsgruppe erhielt median 0,4667 +/- 0,12266 der möglichen Punkte, in der Kontrollgruppe waren es 0,3796 +/- 0,13168 Punkte. Der Unterschied war statistisch signifikant (p=0,043), woraus hervorgeht, dass sich durch ein entsprechendes Training die Informationsweitergabe in Notfallsituationen verbessern dürfte.

Awareness-Kampagne verbessert Laien-Wissen zur cardiopulmonalen Reanimation

Das Wissen in der Bevölkerung über adäquates Eingreifen durch Laien bei Verdacht auf einen Herz-Kreislaufstillstand könnte durch regionale Informations- und Awarenesskampagnen gefördert werden. Hinweise dafür sammelte ein Studienteam aus Graz5 nach solchen Aktivitäten in der Steiermark. Innerhalb von vier Jahren hatten dort auch 14.000 Personen ein Training in Wiederbelebungsmaßnahmen im Notfall erhalten. Vorher und vier Jahre danach befragte das Autorenteam 920 Bahnpassagiere am Grazer Bahnhof (vorher: 288, nach den Kursen: 632) zu den wichtigsten Wiederbelebungsmaßnahmen im Verdachtsfall.

2014 hatten nur 56,3 Prozent der Befragten spontan die Herzdruckmassage als wichtigste Maßnahme genannt, 2018 waren es 75,3 Prozent oder plus 19 Prozentpunkte (p<0,001). Der Anteil der Nennungen des Herbeiführens einer stabilen Seitenlage sank von 28,2 Prozent auf 15,6 Prozent (minus 12,6 Prozent; p=0,001). Die sofortige Alarmierung der Rettung wurde 2014 von 88,7 Prozent der Befragten angeführt, 2018 waren es 94,5 Prozent (plus 5,8 Prozent; p=0,016). Den Rückschluss, dass diese Ergebnisse allein auf die Awareness-Kampagne zurückzuführen waren, ließ die Studie nicht zu. Mehr zur Kampagne auf http://drückmich.at

Invasives Blutdruck-Monitoring als Feedback in der Herz-Kreislauf-Reanimation

Invasives Blutdruck-Monitoring während der Herz-Lungen-Wiederbelebung könnte wichtige Informationen zur Verbesserung der Thoraxkompressionen sowie zum Einsatz von Katecholaminen liefern. Dies geht aus einem Fallbericht eines Grazer Autorenteams hervor6. Ein Notarztteam der Universitätsklinik war zu einem 44-jährigen Mann mit Atem-Kreislaufstillstand gerufen worden. Am Einsatzort wurde ein arterieller Zugang gelegt. Die aufgezeichneten Rohdaten (invasiv gemessener Blutdruck, etCO2, EKG) wurden schließlich vom Lifepak®15 heruntergeladen und ausgewertet (inklusive Zeitphasen mit bzw. ohne CPR, Defi-Einsatz, Einsatz von Adrenalin und Amiodaron). Klar ersichtlich war ein Anstieg auf bis zu 250mmHg des systolischen Drucks nach Adrenalingabe. Mehr gut dokumentierte und ausgewertete Fälle wie dieser könnten zu einem besseren Verständnis von Adrenalin bei der Reanimation führen und ein Schritt in Richtung einer stärker individualisierten Therapie sein.


1ERC Abstracts 2019: Clodi et al. The Transport In Medical Emergency Simulation Study (TIME-Sim)

2ERC Abstracts 2019: Schnaubelt et al. Feasibility of continuous NIRS monitoring during out-of hospital cardiac arrest until 72 hours post-ROSC

3ERC Abstracts 2019: Schnaubelt et al. Quality of life in long-term survivors of cardiac arrest

4ERC Abstracts 2019: Pflanzl et al. The Impact of training in non-technical-skills (NTS) on the quality of handovers regarding patient information

5ERC Abstracts 2019: Orlob et al. Effects of a Regional Cardiac Arrest Awareness Campaign in a Midsize European City

6ERC Abstracts 2019: Auinger et al. Invasive Blood Pressure Monitoring during Cardiopulmonary Resuscitation – a Timeline