Erst kürzlich – wir haben auch hier auf dem Blog berichtet – wurde durch den aufsehenerregenden Herzstillstand des dänischen Fußballprofis Christian Eriksen einmal mehr und weltweit die Öffentlichkeit für die große Bedeutung frühzeitiger Reanimation und des Funktionierens der Rettungskette sensibilisiert. Damit das Zusammenspiel aller Beteiligten im Ernstfall perfekt funktioniert, dafür sorgen Notfallteams und die Rettungsleitstellen in ganz Österreich Tag für Tag. Und das mit viel Erfolg, wie viele Einsätze zeigen, die nicht vor laufenden Kameras stattfinden – und die wir gerne hier vor den Vorhang holen. Aus Innsbruck erreicht uns ein Bericht aus Innsbruck von Stefan Wehinger, NEF-NFS, Dr. Ines Wagner und Prof. Michael Baubin, Notärzte.
Mittwochvormittag, 9 Uhr, im Stadtgebiet Innsbruck: Ein Lieferwagen bleibt bei der Ausfahrt aus einer Tankstelle plötzlich stehen – dies beobachtende Passantinnen und Passanten finden einen Fahrer auf, der nicht reagiert. Die Ersthelferinnen und Ersthelfer reagieren rasch, alarmieren sofort den Notruf und bergen den bewusstlosen Mann aus dem Fahrzeug.
Die Leitstelle Tirol alarmiert umgehend die Rettungskräfte: Rettungswagen und Notarzteinsatzfahrzeug; parallel dazu leitet der Leitstellen-Disponent die Ersthelferinnen und Ersthelfer telefonisch zur Reanimation an. Zugleich werden über die „Lebensretter-App“ registrierte Ersthelferinnen und Ersthelfer benachrichtigt. Bei der Lebensretter-App können sich Interessierte registrieren, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen – in Tirol zum Beispiel Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Rettungsdiensten. Über die App werden Registrierte dann alarmiert, wenn es in ihrer unmittelbaren Nähe zu einem Atem-Kreislauf-Stillstand kommt.
Über diese App-Alarmierung trifft sofort ein Sanitäter aus Imst ein („First Responder“), der sich zufällig direkt neben dem Einsatzort aufgehalten hat. Unmittelbar danach – maximal drei Minuten nach Eingang des Notrufs in der Leitstelle Tirol – trifft das Notarztteam ein, das sich 300 Meter neben dem Einsatzort befunden hat. Bereits nach der etwa zehnten Herzdruckmassage durch die von der Leitstelle Tirol angeleiteten Ersthelfer und den First Responder übernimmt das Notarztteam die Reanimation.
Folgende Situation findet das Notfallteam vor: Bei dem 56 Jahre alten, männlichen Patienten liegt ein Herz-Kreislaufstillstand mit Atemstillstand vor, er hat Schaum vor dem Mund und enge Pupillen, im EKG zeigt sich Kammerflimmern. Das Team führt eine sofortige Schockabgabe durch und legt einen iv. Zugang. Unmittelbar nach diesem einmaligen Schock zeigen sich schmale Kammerkomplexe im EKG und kehrt der Spontankreislauf zurück („ROSC“), zehn Sekunden später kommt es wieder zu einer ausreichenden Eigenatmung („ROSB“). Der Puls ist nun gut tastbar, nach zwei Minute beginnt der Patient sich zu bewegen, die Bewusstseinslage bessert sich zunehmend. Im 12-Kanal-EKG ist ein Hinterwandinfarkt festzustellen.
Der Patient wird vom Team in der Klinik vorangemeldet und sofort in den medizinischen Schockraum Medizin-Zentrums Anichstraße der Universitätsklinik transportiert. Bei Eintreffen im Krankenhaus hat sich die Bewusstseinslage normalisiert, der Patient spricht orientiert. Die Übernahme im Schockraum der Notfallambulanz funktioniert hervorragend, der Patient wird unmittelbar nach Eintreffen ins Herzkatheter-Labor zur Intervention gebracht, die rechte Herzkranzarterie (RCA) wird mit einem Stent versorgt, um die Gefäßverengung zu öffnen.
„Besser kann es nicht gehen“, kommentiert Prof. Baubin die Abläufe. „Es war einfach eine perfekte Zusammenarbeit aller beteiligten Personen und Strukturen — und viel Glück.“