Der nachfolgende Kommentar des ÖGARI-Präsidenten ist soeben in den Anästhesie-Nachrichten 3/2021 als ÖGARI-Update erschienen. Online steht die gesamte Zeitschrift hier zur Verfügung.

Werte Kolleg*innen,

Die Corona-Pandemie hat uns, wie selten ein Ereignis zuvor, eine Reihe von Faktoren aufgezeigt, die die Fähigkeit unserer an sich exzellenten Gesundheitsversorgung beeinträchtigen, Krisen optimal zu bewältigen. Dazu gehören ein oft nicht ausreichender Austausch zwischen Entscheidungs- träger*innen und Akteur*innen im Gesundheitswesen, das Delegieren wesentlicher medizinstrategischer Entscheidungen an Nichtmediziner*innen, eine oft schwerfällige Bürokratie und ein Verzicht auf regelmäßige strategische Planspiele und Trainings für Katastrophenfälle. Zudem waren der österreichische Föderalismus und parteipolitische Taktik für optimale gesundheitspolitische Entscheidungen in der Krise nicht immer förderlich. Dass die in Beratungsgremien vertretenen Expert*innen Ergebnisse und Beschlüsse nicht immer einheitlich kommunizierten, hat ganz massiv Unsicherheiten in Bezug auf den Nutzen der Schutzmaßnahmen und der Impfungen in der Bevölkerung befeuert.

Vertreter*innen der ÖGARI haben während der Corona-Pandemie wiederholt die Politik beraten, Fehlinformationen mit fachlichen Argumenten korrigiert und die Öffentlichkeit sachlich über Ausmaß und Gefährlichkeit von COVID-19 sowie die mehrfach kritische Versorgungssituation aufgeklärt. Die Pandemie hat zu einer positiven Zusammenarbeit zwischen Politik und Gesundheitsverwaltung sowie Repräsentant*innen der ÖGARI geführt. Ich bin überzeugt, dass diese Zusammenarbeit unser Gesundheitssystem zukünftig krisenfester gestalten wird.

Corona hat uns auch gezeigt, wie wichtig personelle, räumliche und struk- turelle Reserven für die Bewältigung einer Krise sind. Eine Arbeitsgruppe der ÖGARI erarbeitet derzeit ein Papier mit Vorschlägen zur Verbesserung der strukturellen und personellen Ausstattung von Abteilungen für Anästhesie und Intensivmedizin. Ziel ist es, diese Vorschläge der Politik und unseren Mitgliedern bis  Jahresende zu präsentieren.

Unter der Präsidentschaft von Univ.- Prof. Dr. Klaus Markstaller wurde im Vorstand einstimmig beschlossen, dass zukünftig auch Diplompflege- personen aus dem Fachgebiet der Anästhesie und Intensivmedizin Mitglieder der ÖGARI werden können. Wir sind dabei, dieses Ziel umzusetzen: Die Vereinsstatuten der ÖGARI wurden angepasst, Informationsbriefe versandt, die Website wurde adaptiert, eine ARGE Fachpflege gegründet und der Kontakt mit dem Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverband hergestellt. Wir sind überzeugt, dass diese Kooperation neue Inputs für zahlreiche Projekte diverser Arbeitsgruppen innerhalb der ÖGARI mit sich bringen wird. In der klinischen Praxis arbeiten unsere Berufsgruppen seit vielen Jahren gemeinsam im Team, wir freuen uns daher auch auf eine zukünftige Zusammenarbeit innerhalb unserer Fachgesellschaft.

Unter der Leitung von Prim. PD. Dr. Michael Zink hat sich auf Initiative der ÖGARI eine multidisziplinäre Arbeitsgruppe gebildet, um die wichtigen Themen „Advanced Care Plannings (ACP)“ bzw. „Klinische Perspektivenkonferenz (KPK)“ zu bearbeiten. Gemeinsam mit Fachvertreter*innen und der Ärztekammer, der Gesellschaft fu?r Hämato-Onkologie, der Palliativmedizin und Mitgliedern der ARGE Ethik der ÖGARI sollen in den nächsten Jahren österreichweite Standards zu ACP und KPK erarbeitet werden. Persönlich hat es mich sehr gefreut, dass zwischen Fachgesellschaften und Ärztekammer von Anfang an Einigkeit u?ber die medizinische Wichtigkeit und gesundheitsökonomische Bedeutung dieses Projekts herrscht. Dieses Projekt wird vom Bundesministerium unterstützt.

Als medizinische Fachgesellschaft ist uns die Förderung von Forschungs- projekten ein großes Anliegen. Auf der ÖGARI-Website finden Sie unter „Internationales“ einen Forschungsordner, in dem von der European So- ciety of Anaesthesiology unterstützte Studien präsentiert werden, für die noch Studienzentren gesucht werden. Interessierte können sich im ÖGARI- Sekretariat oder direkt beim Studienkoordinator PD Dr. Peter Paal melden.

Die ÖGARI ist eine sehr lebendige Fachgesellschaft. Die Mitglieder unserer Arbeitsgruppen, das Team des Sekretariats, unsere Vorstandsmitglieder und unsere Medienberatung Birgit Kofler-Bettschart und ihr Team arbeiten mit großem Einsatz an einer positiven Weiterentwicklung unseres Faches. Dafür möchte ich mich sehr herzlich bedanken.

Mein größtes Dankeschön gilt aber all den Menschen, die in den vergangenen eineinhalb Jahren Großartiges in unseren Krankenhäusern geleistet haben! Mit hohem persönlichem Einsatz, zahlreichen Überstunden und viel Improvisation wurde die schwerste Gesundheitskrise seit dem Zweiten Weltkrieg gemeistert und viele Menschenleben konnten gerettet werden. Die Zukunft müssen wir nützen, um unser Gesundheitssystem durch kluge strukturelle und personelle Anpassungen krisenfester zu gestalten.

Ihr

Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder

Präsident der ÖGARI