CO-Vergiftungen sind die häufigsten Gasvergiftungen in Österreich – Risiken in der kalten Jahreszeit

Dass man Kohlenmonoxid (CO) nicht sehen, nicht riechen und nicht schmecken kann, macht es so gefährlich. Denn durch diese Eigenschaften kann es sich unbemerkt in geschlossenen Räumen ansammeln und innerhalb kurzer Zeit zum Tod führen. CO-Vergiftungen sind in Österreich die häufigsten durch Gas versursachten Vergiftungen, in Deutschland sind sie nach Arzneimitteln und Drogen die Vergiftungsart mit den meisten Todesfällen. Defekte Gasthermen, schlechter Kaminzug eines Ofens oder verstopfte und blockierte Kamine, aber auch die Verwendung von Holzkohlegrills in Innenräumen gehören zu den häufigen Gefahrenquellen, ebenso wie Silos mit Holzpellets, Motoren-Abgase oder der Gebrauch von Wasserpfeifen. In der Heizperiode kommt es daher auch gehäuft zu Vergiftungsfällen, ebenso wie im Hochsommer, wenn in geschlossenen Räumen neben der Therme zum Beispiel ein mobiles Klimagerät betrieben wird.

Dass CO-Vergiftungen nicht nur akut eine hohe Gefahr darstellen, sondern auch Langzeitfolgen hervorrufen können, ist wenig bekannt. Symptome der akuten Vergiftung sind – abhängig von der CO-Konzentration und der Dauer der Exposition – Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Erbrechen, Sehstörungen, Ohrensausen, Kurzatmigkeit oder Druck auf die Brust. Bei schweren Vergiftungen kann es zum Kreislaufkollaps oder Bewusstlosigkeit sowie Krampfanfällen kommen, die Schädigungen können in relativ kurzer Zeit tödlich sein. Die Langzeitfolgen sind mittlerweile gut untersucht: Zehn Prozent der Vergifteten, so zeigen Daten aus Deutschland, erleiden innerhalb von 56 Monaten einen Herzinfarkt, ein Drittel der mäßig bis schwer vergifteten Patientinnen und Patienten weisen Herzfunktionsstörungen auf. Auffällig ist eine erhöhte Langzeitsterblichkeit von rund 8,4 Prozent im Vergleich zur Kontrollgruppe mit 1,6 Prozent. 

Die Deutsche Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) und die Deutsche Interdisziplinärer Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) haben gemeinsam mit weiteren Fachgesellschaften aus dem Bereich Intensiv- und Notfallmedizin eine neue S2k-Leitline zur Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung vorgelegt. Besonderen Wert bei der Erstellung habe das Expertengremium auf praxisorientierte Empfehlungen entsprechend dem Versorgungsablauf gelegt, berichtet Prof. Björn Jüttner, Sprecher der Sektion Hyperbarmedizin in der DIVI. „Wir hatten immer als Ziel vor Augen, Ärzten und Ärztinnen, Feuerwehrpersonal, Personal von Rettungsdiensten und weiterem medizinischem Assistenzpersonal dabei zu helfen, Menschen mit einer Kohlenmonoxidvergiftung besser medizinisch versorgen und die Behandlung bestmöglich planen zu können.“

Auf 38 Seiten sind die aktuellen Erkenntnisse und Empfehlungen in der Diagnostik und Behandlung von Menschen mit Kohlenmonoxidvergiftung dargestellt. „Eine Herausforderung war die kontroverse Diskussion um die Anwendung der hyperbaren Sauerstofftherapie“, berichtet Prof. Jüttner. Es sei wichtig gewesen, hier einen breiten Konsens für die Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung zu erreichen. Die resultierenden Empfehlungen entsprechen dem aktuellen wissenschaftlichen Diskurs und geben den Anwenderinnen und Anwendern der Leitlinie dennoch einen therapeutischen Korridor.

Die Diagnose einer Kohlenmonoxidvergiftung erfordert klinische Symptome und eine nachgewiesene oder wahrscheinliche Exposition mit Kohlenmonoxid, hält die Leitlinie fest. „Ein negativer CO-Hämoglobin (Hb)-Nachweis soll nicht zum Ausschluss einer Kohlenmonoxidvergiftung führen, wenn Anamnese und Symptome übereinstimmend sind. Durch eine reduzierte Sauerstofftransportkapazität, die Beeinträchtigung der zellulären Atmungskette und immunmodulatorische Prozesse kann es auch nach Reduktion des CO-Hb zu myokardialen und zentralnervösen Gewebeschäden kommen.“

Bei Verdacht auf eine Kohlenmonoxidvergiftung solle präklinisch sofort mit einer 100prozentigen Sauerstoffatmung begonnen werden, heißt es in der Leitlinie. Die klinische Symptomatik der Patienten korreliere nicht mit der CO-Hb Clearance aus dem Blut, CO-Hb-Kontrollen allein seien für eine Therapiesteuerung ungeeignet, so die Autorinnen und Autoren. Insbesondere bei fehlender Besserung unter Therapie solle daher eine Reevaluation für andere möglicherweise vorliegende Differentialdiagnosen erfolgen.

Zur hyperbaren Sauerstofftherapie (HBOT) sei die Evidenz aufgrund der heterogenen Studienlage niedrig und werde kontrovers diskutiert, wird in der Leitlinie betont. Der Beginn einer HBOT solle gegebenenfalls innerhalb von sechs Stunden erfolgen. Jede Patientin und jeder Patient mit Kohlenmonoxidvergiftung solle über das Risiko eines verzögert einsetzenden neurologischen Defizites (delayed neurological sequelae, DNS) aufgeklärt werden, betonen die Autorinnen und Autoren.

Quellen: Pressemitteilung der DIVI vom 19.1. 2022; S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung”: https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/040-012.html, https://doi.org/10.3205/000300