In Österreich geht die Zahl der Organspenden zurück. Zwischen 2018 und 2023 sank sie um rund 20 Prozent. Ein wesentlicher Grund: Immer häufiger widersprechen Angehörige der Organentnahme. Diese Entwicklung zeigt sich auch im Burgenland.
4. März 2025, 9.53 Uhr
In Österreich gilt die sogenannte Widerspruchsregelung. Das bedeutet, dass jede verstorbene Person automatisch als Organspenderin oder Organspender gilt, es sei denn, sie hat zu Lebzeiten aktiv widersprochen und sich ins Widerspruchsregister eintragen lassen.
Es reicht aber auch eine schriftliche Erklärung, die man in Verbindung mit einem Ausweis mitführen sollte. Diese kann aber auch mündlich vor Zeugen, etwa Angehörigen erfolgen. In der Praxis wird im Falle einer Organentnahme das Gespräch mit den Angehörigen gesucht und ein Einvernehmen hergestellt.
Angst spielt große Rolle
In den vergangenen Monaten komme es vermehrt vor, dass Angehörige nach dem Tod eines nahestehenden Menschen Einspruch gegen eine Organentnahme erheben würden, so Andreas Liedler, Leiter der Anästhesie und Intensivmedizin am Krankenhaus der Barmherzigen Brüder in Eisenstadt im „Burgenland heute“-Interview mit Martin Ganster. „Wir haben gerade in letzter Zeit wirklich einige Male von Angehörigen den über ihre Verstorbenen gebrachten Widersprüche mitgeteilt bekommen“.
Dabei gehe es aber selten um einen tatsächlichen Widerspruch des Verstorbenen zu Lebzeiten, sondern eher um Unsicherheit und Angst. Manche Angehörige würden sich fragen, ob der Mensch wirklich gestorben sei. Diese Befürchtung könne jedoch zerstreut werden, denn „die Diagnostik des sogenannten Hirntodes gehört zu den sichersten Diagnosen, die wir in der Medizin überhaupt stellen können“, so Liedler.
Religiöse Gründe
Laut Liedler ist es prinzipiell nicht vorgesehen, dass die Angehörigen „Nein“ sagen. „Wir versuchen aber immer, einen gewissen Konsens mit den Angehörigen zu erreichen, weil die Angst, dass dann auch wir dadurch angreifbar sind, natürlich auch für uns Mediziner sehr groß ist“. Auch religiöse Gründe würden oftmals vorgeschoben werden, der Experte betont allerdings, dass in diesem Bereich die medizinische Wissenschaft, die Gesetzgebung und alle großen Religionsgemeinschaften „an einem Strang ziehen“ würden, um die Organspende zu unterstützen.
Viel mehr sei die Angst zu groß, dass die Geräte zur Lebenserhaltung zu früh abgeschaltet werden. „Wir haben einen gewissen Anteil an Patienten, denen wir nicht mehr helfen können. Ein kleiner Teil davon hat eine Erkrankung, durch die das Gehirn abgestorben ist, aber die restlichen Organe noch in Ordnung sind. Nur bei diesen und nach einer wirklich unabhängigen, genauen Diagnostik können wir überhaupt an eine Organspende denken“, sagt Liedler.
Auch Corona möglicher Faktor
Ein weiterer Faktor für den Rückgang der Organspenden könnte die COVID-19-Pandemie sein. Wissenschaftlich gesicherte Daten dazu gibt es laut dem Experten noch nicht, doch das „Bauchgefühl“ vieler Mediziner sagt, dass die Zahlen seit der Pandemie deutlich zurückgegangen sind.
red, burgenland.ORF.at
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