Bereits zum 20. Mal informiert die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) im Rahmen ihrer Schmerzwochen über die Möglichkeiten der modernen Schmerzmedizin und nimmt sich der Schmerzversorgung an. In diesem Jahr liegt ein Schwerpunkt auf dem häufigsten Gesundheitsproblem in Österreich – dem Rückenschmerz.
Seit 20 Jahren informiert die Österreichische Schmerzgesellschaft (ÖSG) mit ihren „Schmerzwochen“ über aktuelle Erkenntnisse der schmerzmedizinischen Forschung und bestehende Therapieangebote. Gleichzeitig soll aufgezeigt werden, wo dringend nötige Angebote für Schmerzpatientinnen und Schmerzpatienten noch fehlen oder noch nicht ideal sind.
Wie jedes Jahr setzt die Informationsinitiative einen thematischen Schwerpunkt im Einklang mit der internationalen Kampagne der International Association for the Study of Pain (IASP) und der Europäischen Schmerzföderation (EFIC). 2021 steht das Thema Rückenschmerz im Mittelpunkt.
Ein Viertel der Bevölkerung ab 15 hat Kreuzweh
Österreich ist ein Kreuzwehland. Das belegt eine repräsentative Gesundheitsbefragung der Statistik Austria. Chronische Kreuzschmerzen und andere chronische Rückenleiden nehmen den traurigen Spitzenplatz unter den gesundheitlichen Problemen ein. 26 Prozent der Befragten gaben an, in den letzten zwölf Monaten darunter gelitten zu haben. Umgerechnet auf die österreichische Gesamtbevölkerung bedeutet das: 1,9 Millionen Personen waren betroffen. Je älter die Befragten, desto häufiger machte der Rücken Probleme. Bei den Unter-60-Jährigen klagte jeder Fünfte (20,8 Prozent) über Schmerzen, bei der Gruppe 60+ war es mehr als jeder Dritte (38,4 Prozent).
880 Millionen Euro pro Jahr an Behandlungskosten
Rückenbeschwerden belasten den Einzelnen wie das Gesundheitssystem in hohem Maß. Alle internationalen Studien stimmen darin überein, dass der volkswirtschaftliche Schaden die reinen Behandlungskosten um ein Vielfaches übersteigt. Eine aktuelle deutsche Studie beziffert die durchschnittlichen Gesamtkosten pro Patient mit chronischen Rückenschmerzen mit 31.148 Euro pro Jahr: 8.862 Euro machten die direkten Krankheitskosten wie ärztliche Hilfe, Medikamente oder Spitalsaufenthalte aus. Die indirekten Kosten aufgrund von Krankenständen oder Arbeitslosigkeit betrugen mit 22.287 Euro nahezu das Dreifache.
Leitlinie Unspezifischer Rückenschmerz: Ein erster Erfolg für Betroffene
Die ÖSG verzeichnet bereits Erfolge im Bemühen um eine bessere Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Rückenproblemen. Die 2018 unter der Ägide des Gesundheitsministeriums entstandene interdisziplinäre Leitlinie zur Behandlung von unspezifischem Rückenschmerz bezeichnet Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar, MSc (Klagenfurt), Past Präsident der ÖGARI und Generalsekretär der ÖSG als „ganz großen Wurf“.
Das „Update der evidenz- und konsensbasierten Österreichischen Leitlinie für das Management akuter, subakuter, chronischer und rezidivierender unspezifischer Kreuzschmerzen“ beschreibt den optimalen Behandlungspfad und welche Maßnahmen zusätzlich sinnvoll sind. Die Basis dafür sind wissenschaftliche Evidenz und Expertenempfehlungen. „Wenn die Leitlinie konsequent eingehalten wird, sollten Kreuzwehpatienten künftig rascher wirksame Hilfe erfahren und überflüssige Röntgenaufnahmen (CT, MRT) oder Wirbelsäulenoperationen der Vergangenheit angehören“, ist Prof. Likar überzeugt.
Die Leitlinie gibt auf mehr als 100 Seiten unter anderem darüber Auskunft, welche Präventionsmaßnahmen sinnvoll sind, wie eine Erstuntersuchung im Detail auszusehen hat und ab wann unbedingt auch körperliche und psychische Dauerbelastungen am Arbeitsplatz oder im Privatbereich zum Thema gemacht werden müssen. Die Leitlinie bevorzugt klar nichtmedikamentöse Therapien, bietet aber auch eine sehr gute Hilfestellung, welche Medikamente in Frage kommen und welche nichts bringen. „Es ist sehr wichtig, hier eine praxistaugliche Richtschnur zu haben – und ein elaboriertes Argumentarium für die Patientenaufklärung“, betont Prof. Likar. Von Operationen rät die Leitlinie übrigens klar ab, bei akuten, subakuten wie auch chronischen unspezifischen Kreuzschmerzen.
Meilenstein Qualitätsstandard „Unspezifischer Rückenschmerz“
Als weiteren großen Fortschritt sehen die Expertinnen und Experten, dass 2020 der österreichischeQualitätsstandard „Unspezifischer Rückenschmerz“ von der Bundeszielsteuerung beschlossen und publiziert wurde, um die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit akuten und chronischen unspezifischen Rückenschmerzen zu verbessern. Damit wurde erstmals eine besonders wichtige Gruppe von chronischen Schmerzpatientinnen und -patienten in die bundesweite verbindliche Gesundheitsplanung aufgenommen. Der Qualitätsstandard bietet 14 Empfehlungen für den Ablauf von Diagnose, Therapie und Nachbehandlung bei unspezifischen Rückenschmerzen.
Drei Versorgungsebenen – aber alle Fäden laufen an einer Stelle zusammen
„Die Empfehlungen basieren auf dem Konzept einer abgestuften Versorgung auf drei Ebenen. Es sorgt dafür, dass Rückenschmerzpatientinnen und -patienten jeweils zum richtigen Zeitpunkt die angemessene Behandlung in der richtigen Versorgungseinrichtung erhalten und die Therapie leitliniengerecht verläuft“, erklärt OÄ Stromer: „Für den gesamten Versorgungsprozess übernimmt die behandlungsführende Ärztin oder der behandlungsführende Arzt die Koordination. Das heißt, die Fäden laufen immer an einer Stelle zusammen.“
Die Basisversorgung (Versorgungsebene I) von Patientinnen und Patienten mit unspezifischen Rückenschmerzen erfolgt durch Ärztinnen und Ärzte für Allgemeinmedizin. Dauern die unspezifischen Rückenschmerzen trotz leitlinienkonformer Therapie länger als sechs Wochen an, wird auf die spezialisierte Versorgungsebene II überwiesen, zum Beispiel zu niedergelassenen Fachärztinnen und Fachärzten, nicht-ärztlichen Gesundheitsdienste-Anbietern oder Reha-Einrichtungen. Wenn nach mehr als zwölf Wochen immer noch alltagseinschränkende Schmerzen bestehen und der Therapieerfolg unzureichend ist, werden die Patientinnen und Patienten an die hochspezialisierte Versorgungsebene III überwiesen, z. B. in ein interdisziplinäres Schmerzzentrum, eine Reha-Einrichtung oder Tagesklinik. Die multimodale Schmerztherapie erfolgt nicht im akutstationären Bereich. „Die Langzeitbetreuung und die Nachsorge von Patientinnen und Patienten mit chronischen oder rezidivierenden unspezifischen Rückenschmerzen soll aber wieder durch die behandelnde Ärztin oder den behandelnden Arzt wohnortnah erfolgen“, so Dr. Stromer.
Service – Informationsangebote für Interessierte:
– Über aktuelle Möglichkeiten der Schmerzmedizin informiert ein ÖSG-Patientenflyer unter dem Titel „Rückenschmerzen: Was bei hartnäckigen Beschwerden hilft“: https://www.bkkommunikation.com/downloads/Schmerzwochen_2021_Flyer.pdf oder Website der Österreichischen Schmerzgesellschaft unter www.oesg.at.
– Auf der neuen Schmerzwochen-Facebookseite www.facebook.com/Schmerzwochen werden laufend Infos und Hilfestellungen veröffentlicht.
– Am 2. Februar um 16 Uhr bietet die ÖSG eine Online-Sprechstunde für alle Interessierten an. Details zur Anmeldung und Teilnahme gibt es unter https://www.bkkommunikation.com/index.php?id=115. Eine Anmeldung ist erforderlich, die Teilnahme ist kostenlos!
Mein Sohn hat leider ebenfalls bereits Rückenschmerzen. Daher ist es gut zu wissen, dass das ab 15 Jahren bereits üblich ist. Ich denke, wir werden seine Probleme hoffentlich noch gut behandeln können.