Durch das 2. Erwachsenenschutzgesetz, das am 1. Juli 2018 in Kraft getreten ist, gibt es nun neue Rahmenbedingungen für die klinische Entscheidungsfindung mit Patienten und Stellvertretern. Die ÖGARI stellt auf ihrer Homepage ein Informationspaket zu diesem Thema zur Verfügung, das die Anwendung des neuen Gesetzes im klinischen Alltag unterstützen soll. anaesthesie.news hat bei ÖGARI-Schriftführerin Prof. Barbara Friesenecker nachgefragt.
Mit 1. Juli ist das viel diskutierte neue Erwachsenenschutzgesetz (ErwSchG) in Kraft getreten. Wir haben hier im Blog kürzlich eine Zusammenfassung der neuen Rechtslage von Priv.-Doz. Dr. Jürgen Wallner von der Universität Wien veröffentlicht. Jetzt hat die ÖGARI auf ihrer Homepage weitere Informationen zur Verfügung gestellt, um die Anwendung des neuen Gesetzes im medizinischen Alltag zu unterstützen. Es sind dies die erwähnte Zusammenfassung, eine Stellungnahme der Österreichischen Gesellschaft für Ethik und Recht in der Rettungs- und Notfallmedizin sowie eine von ÖGARI-Schriftführerin Ao. Univ.-Prof. Dr. Barbara Friesenecker, Universitätsklinik für Allgemeine und Chirurgische Intensivmedizin, erstellte SOP für die Intensivstation (siehe Grafik).
„Leider haben sowohl das Ministerium als auch unsere Systemverantwortlichen, also Krankenhaus- und Abteilungsleitungen es weitgehend verabsäumt, rechtzeitig alles vorzubereiten und alle Beteiligten ausreichend zu informieren“, sagt Prof. Friesenecker. „Der Ausbildungs- und Schulungsstand ist bei einem sehr hohen Prozentsatz der am Krankenbett arbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Inkrafttreten des Gesetzes sicher nicht ausreichend.“ Dazu kämen auch andere Anlaufprobleme, so die Expertin: „In Wien ist die Möglichkeit der offiziellen Registrierung der Registrierungsbestätigungen nur sehr zeitverzögert nach Inkrafttreten des Gesetzes möglich, laut Auskunft des Tiroler Erwachsenenschutzvereins von Mitte Juli wahrscheinlich überhaupt erst ab Mitte August. Das macht eine zeitgerechte Umsetzung unmöglich.“ Nur die bisher schon gültige und gesetzlich geforderte Variante der Bestellung einer gerichtlichen Vertretung – früher war dies der „Sachwalter“ – durch das Bezirksgericht ist möglich. „Das war aber bisher aufgrund der langen Dauer des Vorganges einer Besachwaltung nicht gängige Rechtspraxis für Intensivpatientinnen und -patienten“, erklärt Prof. Friesenecker. „Das ist insgesamt eine leider sehr unbefriedigende Situation. Auf unserer Homepage stellen wir nun zur Unterstützung aller betroffenen Kolleginnen und Kollegen Informationen über die wichtigsten klinisch relevanten Aspekte des neuen Gesetzes zur Verfügung.“
Insgesamt, betont Prof. Friesenecker, sehe sie das neue Gesetz „als positiven Motivator für uns alle – Patientinnen und Patienten, Angehörige, und Angehörige aller Gesundheitsberufe. Es soll uns unterstützen, eine bessere Medizin zu machen, weil wir die Wünsche unserer Patientinnen und Patienten besser kennen und damit hoffentlich noch bessere Therapieentscheidungen – vor allem am Lebensende – treffen werden.“ Redaktionsteam