Pitfalls in der Medizin rücken zunehmend in das öffentliche Interesse und doch tragen diese zur Patientensicherheit bei.
Wesentlich dabei erscheint der offene und bedachte Umgang mit der Fehlerkultur. Die menschliche Fehleranfälligkeit ist ein Tatsache. Alle Vorfälle sollten stets in einer offene Analyse, ohne persönliche Schuldzuweisungen, zu einer verbesserten Prävention führen. Letztlich folgen Lösungen, Verbesserungen, Anregungen auf der Systemebene.
In diesem Zusammenhang möchten wir folgenden Fall, der in Ärzte Steiermark am 15. September 2022 (S.39) veröffentlicht wurde, aufmerksam machen:
Unnötige Verlängerung der Narkosezeit
Der aktuelle CIRS-Fall ereignete sich im Routinebetrieb des OP-Bereichs eines deutschen Krankenhauses. Betroffen war ein männlicher Patient, der nicht zu Schaden kam. Gemeldet wurde der Vorfall von einem/r Arzt/Ärztin.
Während der präoperativen Narkoseeinleitung fällt auf, dass die Schläuche des Narkosegerätes nach einer Kindernarkose am Vortag nicht auf Erwachsenenschläuche gewechselt worden sind. Eine zusätzliche Pflegekraft übernimmt daraufhin den Austausch der Schläuche, während der Patient weiter eingeleitet wird. Nach dem Schlauchwechsel meldet das Gerät große Leckvolumina, worauf sämtliche Komponenten (Schläuche, Atemkalk, Wasserfallen, Kreisteil) getauscht und die Konnektionsstellen überprüft werden. Als selbst nach dieser umfassenden Wartung persistierende Leckvolumina gemeldet werden, wird schließlich das gesamte Gerät ersetzt. Während der gesamten Zeit der Instandsetzung des Narkosegerätes wird der Patient bereits beatmet und der OP-Beginn verzögert sich deutlich.
Eigener Ratschlag:
Der/die meldende Arzt/Ärztin regt an, den Schlauchwechsel nach einer Kinder-OP sofort durchzuführen und nach jedem Schlauchwechsel Routinetests durchzuführen, um etwaige Lecks sofort zu detektieren und eine eventuell nötige Reparatur oder einen sofortigen Gerätewechsel vornehmen zu können. Er/sie betont jedoch, dass ein derartiges Ereignis erstmalig aufgetreten sei.
Die CIRSmedical-Expert*innen dazu:
Das CIRS-Team des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten (BDA) und der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) betont die Wichtigkeit, aber auch die gesetzliche Verpflichtung gemäß der deutschen Medizinprodukte-Betreiberverordnung dazu, Narkosebeatmungsgeräte schon vor dem Einsatz zu prüfen. Vor Beginn der Narkoseeinleitung müsse sichergestellt sein, dass die richtigen Beatmungsschläuche angebracht seien und nach einem durchgeführten Schlauchwechsel sei ein Test unabdingbar, um eventuelle Probleme frühzeitig erkennen zu können. Die DGAI empfiehlt eine Funktionsprüfung von Narkosearbeitsplätzen spätestens alle 24 Stunden, wobei der entsprechende Test auch delegierbar sei und von der Anästhesiepflege durchgeführt werden könne. Morgendliche Kontrollen und Tests von Narkosegeräten im elektiven OP-Programm seien jedenfalls verbindlich zu regeln.