Die AG Intensivmedizinische Projekte hat in Kooperation mit dem LBI for Digital Health and Patient Safety, der Plattform Patientensicherheit und der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie & Präventivmedizin Evidenz-basierte Hygiene-Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patientinnen und Patienten mit COVID-19 erarbeitet. Das Ergebnis finden Sie hier zum Nachlesen.
Wesentlicher Bestandteil in der Behandlung von COVID-19 PatientInnen ist die Infektionseindämmung und der Schutz des Personals [1]. Insbesondere bei aerosolgenerierenden Maßnahmen besteht ein deutlich erhöhtes Ansteckungsrisiko [1]. Infektionsschutzmaßnahmen sollen bei Verdachtsfällen sowie bei nachgewiesener Infektion gleich sein [1].
Aerosolgenerierende Maßnahmen sind bspw. Atemwegssicherung, Bronchoskopie und Gastroskopie [2]. Die Intubation sollte erst nach voll eingetretener medikamentöser Muskelrelaxation (möglichst in einem Raum mit Unterdruckbelüftung) durchgeführt werden [2,3]. Um die Verbreitung respiratorischen Sekrets zu reduzieren, kann bei noch intubierten PatientInnen eine FFP 2 Maske (ohne ExspirationsVentil) angelegt werden, die während des Extubationsprozesses und in weiterer Folge belassen wird [2]. Bei Maßnahmen, bei denen es leicht zu Aerosolbildung kommen könnte, z. B. durch Lösung von Verbindungsschläuchen beim Wenden der PatientInnen, sind die gleichen Hygiene-Maßnahmen durchzuführen wie bei jedenfalls aerosolgenerierenden Maßnahmen [4]. Zusätzlich sollte, insbesondere beim Absaugen, die Möglichkeit des Abklemmens des Tubus in Betracht gezogen werden [3].
Um Fehler im An- und Ablegen der Schutzkleidung sowie bei der Händedesinfektion zu vermeiden, ist regelmäßiges Training unerlässlich [5]. Schutzausrüstung ist vor Betreten des Patientenzimmers anzulegen, Einwegkittel und Schutzhandschuhe sind in Patientenferne vor Verlassen des Patientenzimmers abzulegen [6].
Aufheben der Isolierung für genesene PatientInnen ist sinnvoll, wenn der Zeitpunkt seit Symptombeginn >10d beträgt und mindestens 48h Symptomfreiheit besteht und 2x ein negativer PCR-Befund (Mini BAL/nasopharyngealer Abstrich ) oder 2x ein positiver PCR-Befund mit Ct-Wert (cycle threshold) >30 jeweils mit >24h Abstand vorliegt [7,8].
Oberflächen (z. B. Telefone) sollten regelmäßig gereinigt werden wegen der theoretischen Überlebensfähigkeit von SARS-CoV-2 auf unbelebten Gegenständen von bis zu 72h [5].
Patiententransporte von infektiösen COVID-19-PatienInnen gelten als potenziell aerosolgenerierende Maßnahmen, daher müssen die entsprechenden Vorkehrungen (s. o.) getroffen werden [9]. Begleitendes Personal sollte wenn möglich nicht in Berührung mit der Umgebung, wie bspw. Türklinken oder Aufzug-Bedienungsknöpfen kommen, diese Tätigkeiten sollten von einer Drittperson übernommen werden [2]. Portable Zelt-Systeme mit HEPA-Filter-Systemen können während des Transportes verwendet werden [2].
Als persönliche Schutzausrüstung (PSA) bei aerosolgenerierenden Maßnahmen empfehlen die WHO und das RKI i) N95 oder FFP2-Masken, ii) flüssigkeitsundurchlässige Schutzkittel, iii) Handschuhe, iv) Augenschutz mittels Schutzbrille oder Face-Shield und v) Kopfbedeckung (OP-Haube) [5,10]. Bei Kontakt/klinischer Tätigkeit mit PatientInnen, die keine Maske tragen, bietet ein medizinischer MNS keinen ausreichenden Eigen- oder Fremdschutz [2]. Masken mit Ausatemventilen filtern die Ausatemluft nicht und sind nur bei körperlich belastenden Tätigkeiten an isolierten PatientInnen mit bestätigter Infektion zur Reduzierung der Belastung ratsam [9,2].
Räumliche Unterbringung – Bei Tätigkeit auf einer speziellen COVID-19 Isolierstation müssen Atemschutzmasken nicht bei jedem PatientInnenkontakt gewechselt werden, solange sie weder durchfeuchtet noch offensichtlich beschädigt oder kontaminiert sind [9]. COVID-19 positive PatientInnen sollten für die Dauer Ihrer Infektiosität isoliert von COVID-19 negativen PatientInnen untergebracht werden, sie sollten einen medizinischen MNS tragen und regelmäßig hygienische Händedesinfektion durchführen [9]. Wenn möglich, sollten infektiöse PatientInnen (insbesondere bei zu erwartender Durchführung aerosolgenerierender Maßnahmen) in einem mit Unterdruck belüfteten Isolierzimmer mit Vorzimmer (Schleusenfunktion) untergebracht werden [9].
Checkliste PSA bei Tätigkeiten am bzw. im Umfeld von zu behandelnden oder pflegebedürftigen Personen mit Covid-19 Infektionsverdacht oder mit bestätigter Infektion
- N95 oder FFP2-Masken
- flüssigkeitsundurchlässige Schutzkittel
- Handschuhe
- Augenschutz (Schutzbrille o. Face-Shield)
- Kopfbedeckung (OP-Haube)
Die Hygiene-Empfehlungen als PDF: https://www.oegari.at/web_files/cms_daten/hygiene_empfehlung_covid19_18.12.2020_1.pdf
Weiterführende Informationen:
Empfehlungen der BAuA und des ad-Hoc AK „Covid-19“ des ABAS zum Einsatz von Schutzmasken im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Coronavirus/pdf/Schutzmasken.pdf?__blob=publicationFile&v=17
Referenzen:
[1] Weissman DN, De Perio MA, Radonovich LJ. COVID-19 and Risks Posed to Personnel during Endotracheal Intubation. JAMA – J Am Med Assoc 2020; 323: 2027–2028 Im Internet: https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2765376
[2] BAuA. Empfehlungen der BAuA und des ad-Hoc AK „Covid-19“ des ABAS zum Einsatz von Schutzmasken im Zusammenhang mit SARS-CoV-2. Im Internet:
https://www.baua.de/DE/Themen/Arbeitsgestaltung-im-Betrieb/Coronavirus/pdf/Schutzmasken.pdf?__blob=publicationFile&v=172
[3] Brown J, Gregson FKA, Shrimpton A, et al. A quantitative evaluation of aerosol generation during tracheal intubation and extubation [published online ahead of print, 2020 Oct 6].
Anaesthesia. 2020;10.1111/anae.15292. doi:10.1111/anae.15292
[4] Infection Control in Healthcare | COVID-19 Treatment Guidelines. Im Internet: https://www.covid19treatmentguidelines.nih.gov/critical-care/infection-control/
[5] Phua J, Weng L, Ling L, et al. Intensive care management of coronavirus disease 2019 (COVID-19): challenges and recommendations. Lancet Respir Med 2020; 8: 506–517 Im Internet: https://www.thelancet.com/journals/lanres/article/PIIS2213-2600(20)30161-2/fulltext
[6] Robert Koch-Institut. RKI-Ratgeber – Poliomyelitis.
[7] Laferl H, Kelani H, Seitz T, et al. An approach to lifting self-isolation for health care workers with prolonged shedding of SARS-CoV-2 RNA. Infection 2020; Im Internet: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33025521/
[8] RKI – Coronavirus SARS-CoV-2 – COVID-19: Entlassungskriterien aus der Isolierung. Im Internet: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Entlassmanagement.html
[9] Ecdc. Infection prevention and control for COVID-19 in healthcare settings Infection prevention and control and preparedness for COVID-19 in healthcare settings.
[10] Köstenberger Markus. SARS-CoV-2 Behandlungs-empfehlungen für die Intensivmedizin. Im Internet: https://www.oegari.at/web_files/cms_daten/update_neutral_sars-cov-2_behandlungsempfehlungen_fur_die_intensivmedizin.pdf