Wegen Unsicherheitsfaktoren keine verfrühte Entwarnung. Impfung bleibt das Mittel der Wahl auf dem Weg von der pandemischen zur endemischen Lage
Erleichtert zeigt sich die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) darüber, dass sich aktuell die Zahl der intensivpflichtigen Patientinnen und Patienten mit COVID-19-Erkrankung nach deutlichen Rückgängen stabilisiert. „Wir bewegen uns erstmals seit Oktober wieder, wenn auch mit regionalen Unterschieden, bei einem Anteil von zehn bis 15 Prozent von an COVID-19 Erkrankten in den Intensivstationen in Richtung Normalbetrieb“, sagt ÖGARI-Präsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder (Krankenhaus St. Vinzenz Zams). „Diese Entlastung war wirklich dringend erforderlich angesichts der zahlreichen verschobenen Operationen und der bedenklichen Versorgungsengpässe bei Patientinnen und Patienten mit anderen kritischen Erkrankungen.“
Die intensivmedizinischen Erfahrungen mit der Omikron-Variante seien in Österreich im Moment noch nicht ausreichend für repräsentative Berichte, und Prognosen seien derzeit außerordentlich schwierig, weil die Datenlage zu Omikron noch nicht sehr breit sei, gibt die ÖGARI zu bedenken. „Es gibt hier viele Unsicherheitsfaktoren, deshalb ist eine verfrühte Entwarnung sicherlich nicht angezeigt. So hat die WHO deutlich davor gewarnt, diese Variante als ‚mild“ zu verharmlosen‘, sagt Prof. Hasibeder. „Es gibt viele Hinweise, dass Omikron bei prozentuell weniger Infizierten als zuletzt etwa bei Delta schwere bis lebensbedrohliche Krankheitsverläufe verursacht. Allerdings ist zu bedenken, dass durch die sehr große erwartete Menge an Infektionen auch geringere Prozentsätze insgesamt zu belastend hohen Belagszahlen führen können.“
Weitere Risiko- und Unsicherheitsfaktoren seien potenzielle Ausfälle beim Gesundheitspersonal, nicht nur wegen Infektionen in der Belegschaft, sondern vor allem auch wegen Pflegefreistellungen zum Beispiel wegen Krankheitsfällen in der Familie. Dazu komme die problematische Tatsache, dass noch immer ein nicht unerheblicher Anteil der Bevölkerung gänzlich ungeimpft sei bzw. noch keine Booster-Impfung erhalten habe, und dass es unter Omikron auch bei Genesenen häufig zu Reinfektionen komme. „Durchaus Sorge muss uns auch die Frage machen, welche Auswirkungen die weitere Omikron-Verbreitung auf Kleinstkinder hat, die bezüglich Atemwegsinfektionen sehr vulnerabel sind und rasch schwere Symptome entwickeln können“, so Prof. Hasibeder. Zu all dem käme, dass die WHO weitere Varianten unter Beobachtung habe, deren Eigenschaften noch unklar sind.
Vor diesem Hintergrund seien alle Maßnahmen zur Dämpfung der Infektionsdynamik, wie sie die GECKO-Kommission vorgeschlagen hat und laufend anpasst, zu begrüßen, sagt der ÖGARI-Präsident: „Vorsichtiges Agieren bleibt das Gebot der Stunde, auf der gesundheitspolitischen Ebene wie auch im individuellen Verhalten. Jede und jeder kann durch die bekannten Verhaltensweisen viel zur Krisenbewältigung beitragen, unabhängig davon, was gerade erlaubt ist: Also durch penible Händehygiene, das konsequente Tragen der FFP-2-Maske bei Begegnungen, durch Abstand halten, durch Arbeiten im Homeoffice wo immer möglich, und natürlich durch Impfen und Boostern. Die Impfung bleibt weiterhin das einzige adäquate Mittel, damit wir uns mit Sicherheitsnetz von der pandemischen in die endemische Situation bewegen können. Dazu gibt es keine Alternativen, schon gar nicht die unkontrollierte ‚Durchseuchung‘.“
Pressemitteilung der ÖGARI am 11. Jänner 2022