Eine ganze Reihe von Gesetzesänderungen hat der parlamentarische Gesundheitsausschuss am 4. Dezember beschlossen. Einige davon betreffen Anästhesistinnen und Anästhesisten unmittelbar und stellen eine erfreuliche Weiterentwicklung dar.
Von einem „Meilenstein“ sprach Bundesministerin Beate Hartinger-Klein bei der Debatte über das neue Ärztegesetz im Gesundheitsausschuss am 4. Dezember 2018, berichtete die Parlamentskorrespondenz.
Unter anderem wird mit dieser Novelle die Notarztausbildung modernen, internationalen Standards angepasst zusätzlich wird für mehr Rechtssicherheit im Rahmen von palliativmedizinischen Behandlungen von sterbenden Menschen gesorgt. Obwohl nach Ansicht der SPÖ noch einige Fragen bezüglich der praktischen Umsetzung des Gesetzes offen seien, stimmte sie – ebenso wie alle anderen Parteien – der Sammelnovelle zu.
Mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, SPÖ und JETZT wurde zudem noch das Patientenverfügungs-Gesetz angenommen, das einen leichteren Zugang zu diesem Instrument und eine zentrale Abfragemöglichkeit schaffen soll.
Wichtige Eckpunkte: Notarztausbildung und Beistand für Sterbende
Erfreut zeigte sich Ressortchefin Mag. Beate Hartinger-Klein darüber, dass die von vielen Expertinnen und Experten geforderte Reform der Notarztausbildung umgesetzt werden könne. Es werde ein modernes Ausbildungssystem etabliert, dass sich unter anderem aus einem erweiterten Lehrgang mit 80 Einheiten, einem genau definierten klinischen Kompetenzerwerb, Fortbildungsmaßnahmen sowie einer Abschlussprüfung zusammensetzt. Aufgrund des bestehenden Notärztemangels war es auch ein primäres Ziel, den Zugang für Turnusärztinnen und –ärzte – unter genau definierten Bedingungen – zu erleichtern, erklärte Bundesministerin Hartinger-Klein. In enger Zusammenarbeit mit dem Roten Kreuz und der Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) habe man die Bestimmung erarbeitet, wonach mindestens 20 Einsätze unter verpflichtender Supervision im Rahmen von Notarztdiensten, die an Krankenanstalten angebunden sind, stattfinden müssen. Überdies brauche es noch eine schriftliche Bestätigung vom Leiter bzw. der Leiterin der jeweiligen Organisationseinheit.
Zufrieden zeigen sich Experten der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) mit dieser Reform. „Wir begrüßen es, dass mit dieser Novelle, die im Gesundheitsausschuss beschlossen wurde, der Weg für eine moderne Notarztausbildung von europäischem Format geebnet wird“, so ÖGARI-Präsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Rudolf Likar (Klagenfurt). „Hier wird eine langjährige Forderung der ÖGARI erfüllt.“
Zwei Motive sind es, warum sich die ÖGARI als zuständige Fachgesellschaft seit vielen Jahren für eine grundlegende Reform der Notarztausbildung in Österreich engagiert, so Prim. Dr. Helmut Trimmel (Wiener Neustadt), Vizepräsident und Vorsitzender der Sektion Notfallmedizin der ÖGARI. „Zum einen hat die prähospitale Notfallmedizin in den vergangenen 20 Jahren in Österreich einen hohen Standard entwickelt, mit dem wir auch im internationalen Vergleich sehr gut dastehen. Doch es fehlte bisher die zeitgemäße gesetzliche Grundlage für den Erwerb wichtiger notfallmedizinischer Kompetenzen, hier waren wir europäisches Schlusslicht. Zum anderen wird der Bedarf an Notärztinnen und -ärzten durch die Zunahme der Stützpunkte sowie die Vorgaben der Arbeitszeitregelungen immer größer. Durch die 2015 umgesetzten Änderungen der ärztlichen Ausbildungsordnung wurde eine Reform, die einen praktikablen Einstieg in die Tätigkeit als Notarzt ermöglicht, nunmehr zwingend erforderlich.“
Mit dem neuen § 40 des Ärztegesetzes werde für die Zukunft die Verfügbarkeit einer ausreichenden Zahl auch klinisch gut ausgebildeter Notärzte und Notärztinnen sichergestellt, so Prof. Likar: „Die zentralen Neuerungen, die der Gesetzesentwurf des Gesundheitsministeriums vorsieht sind unserer Meinung nach hervorragend geeignet, die notfallmedizinische Ausbildung auf einem zeitgemäßen fachlichen Niveau zu garantieren.“
Ein sehr wichtiger Punkt sei laut Parlamentskorrespondenz weiters die Aufnahme der Bestimmung zur ärztlichen Beistandspflicht für Sterbende. Damit werde klargestellt, dass es zulässig sei, im Rahmen palliativmedizinischer Indikationen Maßnahmen zu setzen, deren Nutzen zur Linderung schwerster Schmerzen und Qualen im Verhältnis zum Risiko einer Beschleunigung des Verlusts vitaler Lebensfunktionen überwiegen.
„Dass hier klarere Rahmenbedingungen für die palliativmedizinische Begleitung am Lebensende geschaffen wurden, ist ausdrücklich zu begrüßen. Die vielen positiven Stellungnahmen, die es zu dieser Novelle im Begutachtungsverfahren gab, zeigen, dass die palliativmedizinische Praxis sehr froh ist über diese Klarstellung, die im Zeichen einer Humanisierung steht“, betonte ÖGARI-Präsident Prof. Likar. „Bei der aktuellen Novelle geht es klar um die rechtliche Absicherung eines zutiefst ethischen ärztlichen Handelns, damit wird eine langjährige Forderung der in diesem Bereich tätigen Fachgesellschaften erfüllt.“
Es sei aber auch eine Klarstellung, dass „wir Instrumente wie den assistierten Suizid oder die Sterbehilfe nicht brauchen“, betonte Prof. Likar. „Schwer kranke Menschen, die schmerzmedizinisch optimal versorgt sind, äußern kaum Interesse an Sterbehilfe oder assistiertem Suizid. Das wissen wir aus Studien und aus der Praxis. Wir wissen, dass Patienten, bei denen frühzeitig palliativmedizinische Versorgung zur Linderung von quälenden Symptomen einsetzt, manchmal sogar länger leben und in jedem Fall eine bessere letzte Lebensphase haben als jene, bei denen bis zur letzten Minute noch jede Behandlungsmöglichkeit versucht wird.“
Leichterer Zugang zu Patientenverfügungen wird eröffnet
Mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ, SPÖ und JETZT verabschiedete der Ausschuss die Novelle zum Patientenverfügungs-Gesetz. Damit soll vor allem der Zugang zur Errichtung von Patientenverfügungen erleichtert und eine zentrale Abfragemöglichkeit etabliert werden. In einem ersten Schritt werden zudem die technischen Voraussetzungen für die Aufnahme von Patientenverfügungen in das ELGA-System geschaffen. Außerdem sollen die Patientenanwaltschaften die Errichtung von verbindlichen Patientenverfügungen kostenlos anbieten. Da derzeit Patientenverfügungen zum Teil in unterschiedlichen Datenbanken erfasst sind, soll im Wege der ELGA-Technik der Zugang zu jenen Registern geschaffen werden können, die bei den Rechtsanwälten und Notaren geführt werden. Zudem wird die Frist bis zur Erneuerung einer verbindlichen Verfügung – rückwirkend – von fünf auf acht Jahre verlängert. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, dass die jeweiligen Gesundheitsdienstanbieter in ELGA auf die aktuellste Version der Patientenverfügung zugreifen können.