Der 8. März wird weltweit als Internationaler Frauentag begangen. Ein guter Anlass, um einen Blick auf die Rolle von Frauen in der Anästhesie, den „Gender-Gap“ zwischen Basis und Führungspositionen und die Aktivitäten des ÖGARI-Frauenforums zu werfen. anaesthesie.news sprachen mit der Genderbeauftragten der ÖGARI, ao. Univ.-Prof. Dr. Anna Bartunek.

Am 8. März ist Internationaler Frauentag – ein weltweit begangener Anlass, der seit 1911 dabei unterstützen soll, auf breiter Basis auf das Thema Gleichberechtigung  aufmerksam zu machen. Ein guter Grund, den Blog heute den Frauen in der Anästhesiologie und in der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) zu widmen.

Gemeinhin gilt die Anästhesie als „Frauenfach“. Nicht  zu Unrecht, wie die laufend aktualisierten Kennzahlen des Forums „Frauen in der Anästhesie“ der ÖGARI zeigen: Unter den Fachärztinnen und -ärzten liegt der Frauenanteil bei 45 Prozent. Unter den Assistenten und Assistentinnen, die ihre Ausbildung im Sonderfach Anästhesie und Intensivmedizin machen, bilden Frauen mit 51 Prozent sogar die Mehrheit. In den Führungspositionen spiegelt sich das allerdings nicht wider: Gerade einmal 12 Prozent der insgesamt 118 Anästhesie-Primariate sind mit Frauen besetzt, 2010 waren es immerhin noch 15 Prozent.

Warum es wichtig ist, dass es innerhalb der ÖGARI das Forum „Frauen in der Anästhesie“ und mit dessen Leiterin auch eine Genderbeauftragte im Vorstand der Fachgesellschaft gibt, erklärt Univ.-Prof. Dr. Anna Bartunek, AKH/Meduni Wien, Univ.-Klinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie, so: „Dieses Forum und diese Funktion sind unter anderem notwendig, um bei der Besetzung von Funktionen, die mit Entscheidungskompetenz assoziiert sind, Einfluss auszuüben, diese mit weiblichen Kolleginnen zu besetzen.” Eine Genderbeauftragte als kooptiertes Mitglied im ÖGARI-Vorstand gibt es seit 2007/2008, erzählt Prof. Bartunek: „Während der Präsidentschaft von Prim. Stephan Kapral wurde Univ.-Prof. Sibylle Kozek-Langenecker als Genderbeauftragte in den Vorstand kooptiert. Als diese dann Präsidentin wurde, habe ich ihre Funktion als Genderbeauftragte übernommen.“

Mit der Genderthematik, so Prof. Bartunek, beschäftige sie sich, seit sie als 23jährige „Das andere Geschlecht“ von Simone de Beauvoir gelesen hat. Für ihr Gender-Engagement in der ÖGARI gab es einen Auslöser, wie sich Prof. Bartunek erinnert: „Das waren Titelfotos der AIC-News von 2006 und 2007. Eines zeigte zum Beispiel die Prüfenden der Facharzt-Prüfung. Es waren 15 Männer und drei Frauen. Ein anderes Titelfoto zeigte ausschließlich männliche Anästhesie-Stars bei einer wichtigen Enquete.“

Zu den Aufgaben der Genderbeauftragten gehört es unter anderem, die oben angeführten jährlichen Kennzahlen zum Frauenanteil in verschiedenen Bereichen zu erheben: Neben dem Frauenanteil im Fach, in der Ausbildung und in Führungspositionen betrifft das den Anteil der weiblichen Vortragenden beim AIC, den Anteil der Prüferinnen bei der Facharzt-Prüfung oder den Anteil der weiblichen Vortragenden bei den Salzburg-Blockkursen, die auf die Prüfung vorbereiten.

„Die meisten weiblichen Vortragenden beim AIC, der ja unser wichtiger, jährlicher österreichischer Anästhesiekongress ist, hatten wir unter der Präsidentschaft von Prim. Sibylle Kozek-Langenecker. Sie hatte und hat ein sehr großes Netzwerk“, so Prof. Bartunek. „In den folgenden Funktionsperioden hat der Frauenanteil leider wieder abgenommen.“ Was die Prüfenden für die Facharzt-Prüfung betrifft, lag der Frauenanteil zuletzt bei 38 Prozent, zu einzelnen Terminen sogar noch deutlich höher. Hier wird sehr bewußt auf eine ausgewogene Geschlechterverteilung aber auch auf eine ausgewogene regionale Verteilung geachtet. „Im Endeffekt hängt es davon ab, ob die Verantwortlichen die Wichtigkeit einer ausgewogenen Geschlechterverteilung verstehen und gewillt sind diese umzusetzen, auch wenn es manchmal schwierig scheint“, so Prof. Bartunek. „Es ist meine Erfahrung, dass eine ausgewogene Geschlechterverteilung in Organisationen mit Gerechtigkeit und Transparenz in allen deren Abläufen assoziiert ist.“

Und welche Maßnahmen hält die ÖGARI-Genderbeauftragte für erforderlich, um den Frauenanteil in Führungspositionen zu erhöhen? Prof. Bartunek: „Quotenregelung, Verpflichtung der Männer den halben Anteil bei der Kinderversorgung zu leisten, Organisationsstrukturen, die es den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen ermöglicht, neben dem Job auch eine Familie zu managen, ausgezeichnete Betreuungseinrichtungen und Schulen für die Kinder — diese werden schließlich einmal unsere Pensionen zahlen. Und vor allem brauchen wir eine Kindererziehung, die den Kindern nicht ständig die alten Rollenbilder vorzeigt.“

Eine geschlechtergerechte Sprache ist aus Sicht von Prof. Bartunek ein wesentlicher Punkt: „Ich würde so Sätze wie ‚Fragen Sie ihren Arzt oder Apotheker‘ aus dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk verbannen. Gehen Sie doch einmal in eine allgemeinmedizinische Praxis: Die Wahrscheinlichkeit, dass sie von einer Ärztin behandelt werden, ist fast 60 Prozent. Gehen Sie in eine Apotheke. Sie finden mit großer Wahrscheinlichkeit eine Apothekerin vor. Die Sprache, die wir oft noch hören ist antiquiert und bildet die Wirklichkeit nicht mehr ab.“ (Blogredaktion/BKB)