Mit einiger Verzögerung ist es jetzt amtlich: Die Änderung des Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetzes, die bereits im Mai den Nationalrat und Bundesrat beschäftigt hat, wurde jetzt im Bundesgesetzblatt veröffentlicht und tritt rückwirkend per 1. Juli in Kraft.
Das Kernstück der Regelung ist eine weitere Verlängerung der Ausnahmeregelung für die Arbeitszeit von Ärztinnen, Ärzten und Angehörigen anderer Gesundheitsberufe in Spitälern.
2014 wurde in Österreich die maximale Wochenarbeitszeit in Krankenanstalten verkürzt, es gab jedoch eine bis 30. Juni 2021 geltende Ausnahmeregelung. Diese macht es bei einer entsprechenden Betriebsvereinbarung und ausdrücklicher Zustimmung der Betroffenen möglich, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von maximal 48 Stunden zu überschreiten. Bis zu 55 Stunden kann die Arbeitszeit dann im Wochenschnitt betragen, wenn darunter auch Bereitschaftsdienste vor Ort fallen. Die aktuelle Novelle zum Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz sieht nun vor, “Opt-out”-Regelung, die eigentlich mit 30. Juni Juni 2021 ausgelaufen ist, zu verlängern. Konkret wird die 55-Stunden-Regelung noch bis Ende Juni 2025 gelten. Danach bleibt für weitere drei Jahre, also bis Ende Juni 2028, eine durchschnittliche Wochenarbeitszeit von bis zu 52 Stunden erlaubt. Am ausdrücklichen Zustimmungsrecht der Betroffenen ändert sich nichts.
Im Nationalrat war die Regelung bereits im Mai einstimmig angenommen worden, begründet wurde die Notwendigkeit der Regelung von den Regierungsfraktionen so: „Ein Auslaufen des Opt-out ist derzeit jedoch nicht möglich, da nicht genügend Ärztinnen und Ärzte für die bestehenden Versorgungsstrukturen zur Verfügung stehen. Dazu kommt der zusätzliche zu erwartende Arbeitsaufwand im Rahmen der Bekämpfung und Aufarbeitung der Corona-Pandemie.“ Im Bundesrat kam anschließend keine Mehrheit zustande, was das Inkrafttreten der Novelle aber nicht verhinderte, sondern nur verzögerte.
ÖGARI begrüßt die Novelle
„Die ÖGARI begrüßt die Verlängerung der Opt-out Regelung“, sagt Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder (Zams), Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin. „Wir haben auch in der Vergangenheit vielfach darauf hingewiesen, wie wichtig gerade in unserem Fach die Flexibilität bei den Arbeitszeiten ist. Das ist nicht nur für die Versorgung wesentlich, sondern auch für die Qualität der Ausbildung und für die Wettbewerbsfähigkeit mit anderen Ländern in unserem Fachgebiet.“
Noch vor der Corona-Krise hatte die ÖGARI unter der Präsidentschaft von Univ.-Prof. Dr. Klaus Markstaller einen Arbeitsschwerpunkt im Bereich der Nachwuchsförderung in der Anästhesiologie gesetzt, und rechtzeitige Maßnahmen gegen einen drohenden Mangel an Anästhesistinnen und Anästhesisten zu ergreifen. Um diese Debatte auf eine evidenzbasierte Basis zu stellen, wurde 2019 im Zuge einer österreichweiten Befragung unter anderem erhoben, wie viele Anästhesistinnen und Anästhesistinnen in den verschiedenen Krankenhäusern im Einsatz sind, wie die Altersstruktur des ärztlichen Personals in den anästhesiologischen Abteilungen aussieht, und wie es um die Nachwuchsrekrutierung bestellt ist.
„Es werden eine Reihe von Maßnahmen erforderlich sein, um diese Situation zu verbessern und für die Ausbildung ausreichend vieler und hervorragend qualifizierter Anästhesiologinnen und Anästhesiologen Sorge zu tragen“, kommentierte beim AIC 2019 der damaligen ÖGARI-Präsident Prof. Markstaller die Ergebnisse der Erhebung.“ Diese Entwicklung muss auf unterschiedlichen Ebenen angegangen werden, wie wir auch in einem Positionspapier der ÖGARI festgehalten haben: Auf der gesundheitspolitischen Ebene ebenso wie auf jener der Krankenhausträger und der einzelnen Abteilungen.“
Bei Entfall der aktuellen Opt-Out-Optionen sei der Datenanalyse zufolge teilweise die Besetzbarkeit von Diensträdern in Frage gestellt – mit negativen Konsequenzen für den gesamten stationären Betrieb, warnte Prof. Markstaller damals. „Aus Sicht der Anästhesiologie ist es daher unabdingbar, den Erhalt einer optimierten Opt-Out Möglichkeit sicherzustellen und entsprechende Gesetzesvorgaben an der organisatorischen Umsetzbarkeit zu orientieren und nicht über die von der EU vorgegebenen Gesetzgebung hinausgehende Einschränkungen unserem Gesundheitssystem aufzuerlegen.“
Regierung betont Versorgungssicherheit Arbeitsminister Martin Kocher bezeichnete bei der Debatte im Nationalrat die Novelle 2021 als guten Kompromiss. Diese Lösung sei notwendig, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. In vielen von den Bundesländern betriebenen Spitälern herrsche nämlich ein Mangel an Ärztinnen und Ärzten, wie die Parlamentskorrespondenz berichtete.