Auch in seiner Funktion als Präsident der ÖGARI setzt Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder seine regelmäßige Zusammenfassung aktueller Studien zu SARS-CoV-2 und zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit schweren COVID-19-Erkrankungen für anaesthesie.news fort. Hier die aktuelle Übersicht mit neuen Daten zu Impfungen, die durch die „variants of concern“ verursachte Mortalität und neue Therapieansätze.

Pfizer-BioNTec und Astra-Zeneca: Gleicher Schutz in der „echten“ Welt

In einer prospektiven Kohorten-Untersuchung wurde die Schutzwirkung einer einmaligen Gabe des mRNA Impfstoffs von Pfizer-BioNTec und des Vector-Impfstoffs von Astra-Zeneca auf das Risiko einer Spitalsaufnahme wegen COVID-19, nach 28 bis 34 Tagen, in der geimpften schottischen Bevölkerung untersucht. Die erste Dosis des mRNA-Impfstoffs von Pfizer-BioNTec erzeugte eine Schutzwirkung von 85% (95% CI: 76%-91%), die erste Dosis des Vector-Impfstoffs von Astra-Zeneca eine von 94% (95% CI: 73%-99%) gegen eine Krankenhausaufnahme wegen COVID-19 nach einem Zeitintervall von 28 bis 34 Tagen. In der Studie wurden die Daten von 5,4 Millionen Menschen ausgewertet. Daten aus 940 Praxen von Ärztinnen und Ärzten, aus allen schottischen Krankenhäuser und Sterbedaten aller Schottinnen und Schotten werden in der nationalen ECOSS Datenbank erfasst.

Die Schutzwirkung beider Impfstoffe steigt mit zunehmendem Zeitabstand vom ersten Impfzeitpunkt steil an und ist nach 28 bis 34 Tagen in Bezug auf Krankenhausaufnahmen praktisch ident. Auch bei separater Auswertung verschiedener Altersgruppen, beginnend mit den 18- bis 64jährigen, bis hin zu den > 80jährigen, war der Schutz beider Impfstoffe vor schweren COVID-19 Erkrankungen hervorragend und lag bei Patienten > 80 Jahre für beide Impfstoffe immerhin bei 81%.  Auch wenn die vorliegende Untersuchung derzeit nur als Pre-Print (siehe unten) abrufbar ist, überzeugt sie durch die große Anzahl geimpfter Personen.

In der Arbeit wird nicht über Nebenwirkungen der beiden Impfstoffe berichtet. Ich würde davon ausgehen, dass eine signifikante Häufung schwerer Nebenwirkungen Auswirkungen auf die Anzahl der Krankenhausaufnahmen gehabt hätte und eine Meldung zum Beispiel über die Hausärztinnen und -ärzte erfolgt wäre. Dies war offensichtlich nicht der Fall.

In den originalen Phase-III-Zulassungsstudien wurde die Hauptaufmerksamkeit auf den Schutz vor symptomatischer Erkrankung gelegt. Aus meiner Sicht ist dies ein falscher Ansatz. In der „realen“ Welt geht es um die Verhinderung schwerer Verläufe und Todesfälle!  In dieser Hinsicht sind die beiden verglichenen Impfstoffe absolut gleichwertig.

(www.ed.ac.uk/files/atoms/files/scotland_firstvaccinedata_preprint.pdf)

Der Pfizer- BioNTec Impfstoff – Erfahrungen aus Israel

In Israel findet derzeit eine beispiellose Impfkampagne mit Massenimpfungen der gesamten erwachsenen Bevölkerung statt. Forscherinnen und Forscher veröffentlichten erste Daten der „Clalit“ Versicherungsgesellschaft, bei der 53% der israelischen Bevölkerung krankenversichert sind (NEJM 2021; doi: 10.1056/ NEJMoa 2101765). Fast 600.000 Menschen, die den Impfstoff von Pfizer-BioNTec erhalten haben, wurden 1:1 mit der gleichen Anzahl an ungeimpften Kontrollpersonen verglichen. 14 bis 20 Tage nach der Erstimpfung lag der Schutzeffekt vor symptomatischen SARS-CoV-2 Infektionen bei 46%. Der Schutz vor einer Hospitalisierung wegen einer sehr schweren Infektion lag bei 74% und der Schutz vor einem kombinierten Endpunkt, bestehend aus schwerster Infektion und Tod, lag bei 72%. Bereits eine Woche nach der zweiten Impfdosis bestand in der Gruppe der Geimpften ein 92%prozentiger Schutz vor symptomatischer Infektion, ein 87%prozentiger Schutz vor einer Infektion mit Krankenhausaufenthalt und ein 92%iger Schutz vor schwersten Verläufen. Aufgrund der geringen Anzahl an Todesfällen in der Gruppe der vollständig Geimpften konnte hier keine valide Statistik angegeben werden.

Die beiden angeführten Studien mit sehr großen Patientenzahlen zeigen aus meiner Sicht, dass es nur einen erfolgreichen Weg in die „Normalität“ geben kann: Und der kann nur mit dem Motto Impfen, Impfen, Impfen… beschrieben werden.    

Erste Empfehlungen der CDC für geimpfte Menschen

Vorläufige Empfehlungen der CDC wurden für Menschen veröffentlicht, deren zweite Impfung mit dem Pfizer-BioNTech– oder Moderna-Impfstoff vor mindestens zwei Wochen erfolgte oder die vor drei Wochen mit dem Janssen-Impfstoff geimpft wurden (JAMA 2021; doi: 10.1001/jama.2021.4367).  Daten aus der USA zeigen die hohe Wirksamkeit dieser Impfstoffe in allen Altersgruppen und Ethnien. Geimpfte Personen haben, sollten sie sich mit SARS-CoV-2 infizieren, deutlich mildere Erkrankungsverläufe und benötigen in der Regel keinen Krankenhausaufenthalt. Vorläufige Daten zeigen auch, dass geimpfte Personen kaum Ursache für Infektionsübertragungen mit SARS-CoV-2 sind. Daten aus Israel zeigen für die mRNA-Impfstoffe einen 86%- bzw. 90%igen Schutz gegen asymptomatische und symptomatische Infektionen mit SARS-CoV-2. Geimpfte Personengruppen zeigen nach frischen Infektionen eine deutlich reduzierte Viruslast in den oberen Atemwegen.

Nachdem die Viruslast der Infektionsträgerin bzw. des Infektionsträgers entscheidend für die Übertragungen des Virus auf andere Personen ist, kann man davon ausgehen, dass geimpfte Personengruppen nur in Ausnahmefällen Überträger von SARS-CoV-2 werden können. Derzeit ist die Dauer des Impfschutzes Gegenstand intensiver Untersuchungen. Bisher konnte gezeigt werden, dass eine Immunität bei den meisten Personen zumindest über 6 Monate nach durchgemachter Infektion bestehen bleibt. Die derzeit zugelassenen Impfstoffe zeichnen sich auch durch eine Schutzwirkung vor Infektionen mit SARS-CoV-2 Varianten aus. Eine reduzierte Schutzwirkung wurde allerdings für die Südafrikavariante (B.1.351) gezeigt. Geimpfte Personen müssen laut CDC-Empfehlungen nicht mehr auf das SARS-CoV-2 Virus getestet werden oder auch nach Kontakt mit infizierten Personen nicht mehr in Quarantäne gehen. Sie können Freizeitaktivitäten mit anderen Personen unter Beachtung der empfohlenen Distanzregeln wieder aufnehmen. Allerdings wird das Tragen einer Maske in Räumlichkeiten außerhalb der Familie noch immer empfohlen. Mit zunehmender Anzahl Geimpfter können wahrscheinlich auch die derzeit geltenden physikalischen Schutzmaßnahmen aufgehoben werden.

Ich würde mir aus verschiedensten Gründen wünschen, dass derartige Lockerungen für Geimpfte auch in Österreich von der Politik ermöglicht werden. Diese Lockerungen wären ein wichtiger Schritt in Richtung „Normalität“; sie wären ein wichtiges positives Signal für die Wirtschaft insbesondere für Gastronomie und Tourismus und es wäre eine Motivation für all jene Personen, die derzeit noch mit einer Impfung gegen SARS-CoV-2 hadern.  

Antikörperschutz nach durchgestandener Infektion

In einer österreichischen Untersuchung wurden die Infektionsraten von Personen, die während der ersten Welle der Pandemie an COVID-19 erkrankten und genesen sind, mit den Infektionsraten Virus-naiver Menschen während der zweiten Welle verglichen (Eur J Clin Invest 2021; doi: 10.1111/eci.13520). Insgesamt wurden Daten von fast 15.000 Personen ausgewertet. Nur 0,27% der Menschen, die bereits in der ersten Welle eine COVID-19 Erkrankung überstanden haben, infizierten sich in der zweiten Pandemiewelle erneut. Im Vergleich dazu lag die Infektionsrate bei Virus-naiven Menschen während der zweiten Welle bei 2,85%. Dies bedeutet, dass eine vorhergehende Infektion einen Schutz vor Reinfektionen von > 90% für einen Zeitraum  über ein halbes Jahr bewirkt. Diese Immunität vor Infektion stimmt recht genau mit der überein, die durch die derzeitigen mRNA-Impfstoffe erreicht wird.

Die britische Virusvariante ist tödlicher

Eine Studie aus Großbritannien untersuchte die Gefährlichkeit der SARS-CoV-2-Variante B.1.1.7 im Vergleich zu früheren Virusvarianten (BMJ 2021; 372: n597). Insgesamt wurden 54.906 Patientenpaare mit positivem PCR-Nachweis einer SARS-CoV-2 Infektion entsprechend ihrem Alter, Geschlecht, ihrer Ethnizität und unmittelbaren sozialen Wohnregion gematcht und hinsichtlich der 28-Tage Mortalität verglichen. Die Mortalität von Infektionen mit der „britischen Variante“ war durchschnittlich um das 1,64-fache (95% CI: 1,32-2,04) höher als frühere Varianten des Virus.  Damit handelt es sich bei der britischen Variante nicht nur um eine Mutation die mit einer erhöhten Infektiosität (verglichen mit dem „wild Typ Virus“ um zirka 30 bis 60% ansteckender), sondern auch einer erhöhten Pathogenität und damit Mortalität einhergeht. Leider wurde bis jetzt in Österreich zu wenig Virussequenzierung betrieben und erst seit kurzem wird die Bedeutung der Infektion mit verschiedenen Mutationsvarianten (UK, Südafrika; Brasilien) erkannt. Im Tiroler Oberland dürfte sich schon seit Sommer 2020 die UK-Variante immer mehr durchgesetzt haben. Auf unserer interdisziplinären Intensivstation haben wir eine deutliche Mortalitätszunahme beobachtet, die aus unserer Sicht nicht alleine durch das höhere Patientenalter und eine Zunahme von Vorerkrankungen, erklärbar war.

Tocilizumab bei hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit schwerer Pneumonie

Berichte über eine Therapie mit dem IL-6 Rezeptorantagonisten Tocilizumab reissen nicht ab. In einer neuen Phase-III-Studie wurde Tocilizumab 8mg/kg KG iv. in einer randomisierten, Placebo-kontrollierten Studien 294 Patientinnen und Patienten mit schwerer COVID-19-Pneumonie verabreicht (NEJM 2021; doi: 10.1056/NEJMoa2028700). 144 Menschen erhielten Placebo. Ein Viertel der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurde mit einer zweiten Antikörperdosis 24 Stunden nach der Erstgabe behandelt. Der primäre Studienendpunkt war die Veränderung im klinischen Krankheitsbild, gemessen anhand einer siebenteiligen Skala (1 = Entlassung; 7 = gestorben). Als zweiter Endpunkt wurde die Sterberate nach 28 Tagen definiert. Das mittlere Patientenalter der Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer betrug 61 Jahre; mehr als 50% der Patientinnen und Patienten waren in der Altersgruppe der 18- bis 64jährigen zu finden. In beiden Gruppen benötigten knapp 38% eine mechanische Beatmung. Zirka 80% der Patientinnenund Patienten litten an einer oder mehreren Vorerkrankungen. Bluthochdruck, Diabetes und Adipositas waren die häufigsten davon.

In der Untersuchung wurden keine signifikanten Unterschiede in Veränderungen des klinischen Zustands und in der 28-Tage-Sterberate (Tocilizumab 19,7% versus Placebo 19,4%) berichtet. Interessanterweise erhielten nur etwa ein Viertel der Patientinnen und Patienten im Rahmen der vorliegenden Studie Glukokortikoide und gleichzeitig den IL-6 Rezeptorblocker. Das ist natürlich ein wichtiger Unterschied zur letzten RECOVERY-Studie, über die im März-Update bereits berichtet wurde. In dieser Studie war eine gleichzeitige Verabreichung von Steroiden (Dexamethason 6mg po/iv über 10 Tage) und Tocilizumab 8mg/kg KG ein- oder zweimalig (nach 24h-48h) gegeben mit einem Überlebensvorteil vergesellschaftet.    

Endothelzellaktivierung durch Antiphospholipid-Antikörper

In den letzten Updates habe ich über die Bedeutung verschiedener Antiphospholipid-Antikörper für die Gerinnungsaktivierung bei der schweren COVID-19 Erkrankung berichtet. Dieselben Autorinnen und Autoren veröffentlichen ihre präliminäre Untersuchungen über die Ursachen der Gefäßendothel-Zellaktivierung in einem in-vitro Zellkulturmodell mit menschlichen Nabelschnurendothelzellen (medRxiv 2021; doi: 10.1101/2021.01.18.21250041).

Ein pathophysiologisches Element der schweren COVID-19 Erkrankung ist die generalisierte Aktivierung des Gefäßendothels. Normalerweise überwiegen an gesunden Endothelzellen die antikoagulatorischen Eigenschaften, die Gefäßverschlüsse und generell thrombembolische Komplikationen verhindern. Im Rahmen der schweren COVID-19-Erkrankung wird das Gefäßendothel pro-koagulatorisch, die Gerinnung wird aktiviert und es kommt zu Gefäßverschlüssen (Fibrinthromben in Kapillaren und kleinen Gefäßen; Thrombosen in Venen und Arterien). In der klinischen Praxis sind, besonders bei Patientinnen und Patienten ohne Antikoagulation, Pulmonalembolien und Schlaganfälle häufig beschriebene Komplikationen schwerer COVID-19-Verläufe. Mehrere pathophysiologische Ereignisse sind an der Gefäßendothelaktivierung beteiligt: Die massive Ausschüttung proinflammatorischer Entzündungsmediatoren, der Zerfall von aktivierten neutrophilen Granulozyten mit Bildung von NETs („Neutrophil Extracellular Traps“) und die Bildung von Autoantikörpern gegen Phospholipide oder Phospholipid-bindende Proteine, wie z.B. Prothrombin oder Beta-2-Glycoprotein I. In der vorliegenden Studie wurden menschliche Nabelschnur-Endothelzellen (HUVACs) mit dem Serum von schwer an COVID-19 erkrankten Menschen behandelt. Das Serum führte zu einer massiven Aktivierung der Endothelzellen mit Expression von verschiedenen Adhäsionsmolekülen an der Zelloberfläche (E-Selectin; ICAM-1; VCAM-1). Nach der Entfernung von Antiphospholipid-Antikörpern (IgG und IgM AK gegen Cardiolipin und Phosphatidylserin/Prothrombin) wurde die Endothelzellaktivierung, das heißt die Hochregulierung von Adhäsionsmolekülen, deutlich abgeschwächt. Diese Untersuchung weist erstmals darauf hin, dass Antiphospholipid-Antikörper möglicherweise die pathophysiologisch größte Bedeutung bei der Gerinnungsaktivierung im Rahmen schwerer COVID-19 haben. Klinisch bedeuten die Studienerkenntnisse, dass wir bei schweren Verläufen aktiv nach Antiphospholipid-Antikörpern suchen sollten. Die Therapie besteht in einer therapeutischen Antikoagulation. Unterstützend könnte der Einsatz einer Plasmapherese-Therapie bei hohen Antikörpertitern gerechtfertigt sein.  

Frühe Antikoagulation und das Sterberisiko bei COVID-19

In dieser Observationsstudie wurden die Daten von 4297 Patientinnen und Patienten mit nachgewiesener COVID-19-Erkrankung ausgewertet, die vom 1. März  bis 31. Juli 2020 in allen Veteranenkrankenhäusern der USA stationär behandelt wurden (BMJ 2021; doi: 2021;372:n311). 3.627 Patientinnen und Patienten wurden innerhalb der ersten 24 Stunden prophylaktisch antikoaguliert; die anderen Patientinnen und Patienten erhielten keine Thromboseprophylaxe. Der primäre Outcome-Parameter der Studie war die Sterberate innerhalb der ersten 30 Tage. Das mediane Alter betrug 68 Jahre. Die Antikoagulation wurde bei 69% der Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit niederdosiertem Enoxaparin durchgeführt; die anderen Patientinnen und Patienten erhielten subkutanes Heparin. Bei Personen unter früher Antikoagulation lag die 30-Tage-Mortalität bei 14,3%. Die Sterberate ohne Antikoagulation betrug 18,7%. Frühe Antikoagulation reduzierte das Sterberisiko also um 27%! Das Auftreten von Blutungskomplikationen war in beiden Gruppen gleich. Der positive Effekt auf die Mortalität war am größten bei jenen Patientinnen und Patienten, die nicht aufgrund der Erkrankungsschwere innerhalb von 24 Stunden auf einer Intensivstation aufgenommen werden mussten. Auch wenn wir es mit einer klinischen Observationsstudie zu tun haben, bestätigen sich hier die Ergebnisse zahlreicher bisher erschienene Studien. Alle zeigen, dass Antikoagulation die Sterberate an COVID-19 signifikant reduziert. In einer großen amerikanischen Studie konnte außerdem gezeigt werden, dass Antikoagulation das Risiko, wegen respiratorischem Versagens intubiert zu werden, signifikant senken kann.

Nachdem thromboembolische Ereignisse und das Auftreten von Mikrothrombosen in verschiedenen Organen ein Kennzeichen der schweren COVID-19 Erkrankung sind, ist die Bedeutung der Antikoagulation in der Behandlung der Erkrankung nicht verwunderlich. Heparin hat im Experiment auch antiinflammatorische Eigenschaften und blockt in experimentellen Studien an Zellkulturen auch das Andocken des Spikeproteins an seinen Rezeptor an der Wirtszelle. Möglicherweise spielen auch diese Faktoren eine Rolle beim therapeutischen Effekt von Heparinen. Wie „stark“ die Antikoagulation (prophylaktisch, intermediär oder therapeutisch) im Einzelfall durchgeführt werden soll, ist derzeit Thema intensiver Diskussionen. Ich persönlich würde bei schweren Verläufen aktiv nach Antiphopholipid-Antikörpern suchen und zunächst mit einer intermediären Antikoagulation (z.B. Anti-Xa-Spiegel: 0,5-0,8) beginnen. Bei Patientinnen und Patienten mit Antiphospholipid-Antikörpern würde ich derzeit auch therapeutisch antikoagulieren und bei hohem Antikörper-Titer einen Plasmapherese-Therapieversuch überlegen. Übrigens hat das National Institute of Health (NIH News am 22 Jänner 2021; www.nhlbi.nih.gov) gerade einen Zwischenbericht über eine derzeit weltweit laufende Antikoagulationsstudie bei COVID-19 veröffentlicht. In dieser Studie reduziert eine therapeutische Antikoagulation die Notwendigkeit Organ-unterstützender Maßnahmen oder Maßnahmen zum Organersatz. Auch die Wahrscheinlichkeit einer Intubation wird durch die therapeutische Antikoagulation vermindert. Da die Studie derzeit noch nicht beendet ist, wird zwar ein Trend in Richtung reduzierte Sterberate erwähnt, aber Zahlen wurden noch nicht veröffentlicht.

Infektionsrisiko zu Hause größer als im Krankenhaus

Ein Infektion mit dem SARS-CoV-2 Virus durch ein Familienmitglied, das im gleichen Haushalt wohnt, ist viel wahrscheinlicher als die Infektion in einer COVID-19-Isolationsstation in einem Krankenhaus (Infect Control Hosp Epidemiol 2021; doi: 10.1017/ice.2021.45). Für die Untersuchung wurde die Viruslast in Aerosolen von 15 Patientenräumen (14 COVID-Isolierstationen) mit der Virusbelastung aus 5 Haushalten verglichen, in denen mindestens eine Person an einer symptomatischen COVID-19-Erkrankung litt. In den Krankenhausräumlichkeiten wurde durch die Klimaanlagen ein > 6-facher stündlicher Luftaustausch in Patientenräumen gewährleistet. Nur in 2 von 16 Luftproben (je 4000l in unmittelbarer Patientennähe gesammelt) konnten Viren nachgewiesen werden. Im Gegensatz dazu waren 5 von 9 Proben in den untersuchten Haushalten Virus-positiv! Auch wenn es sich hier um eine kleine Untersuchung handelt und keine exakte Viruslastbestimmungen durchgeführt wurden, zeigt die Untersuchung, dass in Haushalten mit SARS-CoV-2-Erkrankten das Infektionsrisiko für Mitbewohner deutlich erhöht sein dürfte. Die Untersuchung unterstreicht die Wichtigkeit des regelmäßigen Luftaustausches (Lüften!!!) und des strikten Einhaltens von Hygieneregeln. Bei symptomatischer Infektion eines Haushaltsmitglieds sollte unbedingt eine Schutzmaske in jenen Räumlichkeiten getragen werden, in denen sich der oder die Erkrankte aufhält. Räumlichkeiten, die Erkrankte verlassen haben, müssen ausreichend gelüftet werden (mindestens 15 bis 20 Minuten bei weit geöffneten Fenstern).