ÖGARI-Präsident Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder kommentiert hier wieder aktuelle Studien zu SARS-CoV-2 und zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit schweren COVID-19-Erkrankungen. In dieser Ausgabe seiner Literaturübersicht geht es um Daten zur Delta-Variante, neue Einsichten zu gehäuften Folgeerkrankungen einer akuten COVID-19-Infektion, Neues zur Pathogenese der Erkrankung, aktuellen Daten zur Impfung und neue Informationen zur COVID-Therapie.

Die Delta-Variante

Die Escape-Variante „Delta“, zunächst auch als „indische“ Variante bekannt, breitet sich derzeit mit großer Geschwindigkeit in weiten Teilen Europas, Afrikas und Asiens aus. In Indien wurden bis zu 400.000 Neuerkrankungen pro Tag berichtet und das indische Gesundheitssystem ist, wie in zahlreichen anderen Ländern, unter den Belastungen der Pandemie zeitweise zusammengebrochen: es herrscht Sauerstoffmangel, zu wenige Krankenhausbetten sind verfügbar und bei Menschen, die im Gesundheitssystem arbeiten, sind zahlreiche Erkrankungen und Todesfälle zu verzeichnen.

Daten aus England zeigen, dass das Deltavirus eine deutlich höhere Ansteckungsrate – nämlich um rund 60 Prozent höher – hat, verglichen mit der „Alpha“-Variante (früher als „britische“ Variante bezeichnet). Letztere war bereits um circa 30 Prozent ansteckender als das ursprüngliche Wild-Typ SARS-CoV-2 Virus (Nature 2021; 595:17-18). Vorläufige Daten aus England und Schottland lassen vermuten, dass nicht geschützte Personen nach Infektion mit der Delta-Variante etwa doppelt so häufig hospitalisiert werden müssen verglichen mit Infektionen durch die Alpha-Variante (Nature 2021; 595:17-18).

Die Delta-Variante ist auch moderat resistent gegen die derzeitigen Impfstoffe: Eine einzelne Impfung mit dem Vektor-Impfstoff von Astra Zeneca® oder dem mRNA-Impfstoff von Pfizer-Biontec® vermindert das Risiko einer symptomatischen Erkrankung nur mehr um zirka 33 Prozent. Zum Vergleich: Bei der Alpha-Variante des Virus konnte eine einzige Impfdosis das Risiko einer  symptomatischen COVID-19-Erkrankung immerhin um 50 Prozent vermindern (Pressemitteilung Public Health England 22. Mai 2021). Gerade deshalb besteht jetzt, bei einer noch ungenügenden Durchimpfungsrate, die erhöhte Gefahr einer neuerlichen Infektionswelle am Ende der Sommerferien. Fallende Temperaturen mit vermehrten Aufenthalten in geschlossenen Räumen, Lockerungen der Schutzmaßnahmen oder infizierte Urlaubsrückkehrerinnen und -rückkehrer begünstigen das Aufflammen neuer Infektionscluster.  Nur die vollständige Impfung bietet einen ausreichenden Schutz gegen symptomatische Infektionen  und vor allem gegen schwere Infektionsverläufe mit Hospitalisationen, Intensivstationsaufenthalten und Tod. In diesem Zusammenhang berichtet das englische Gesundheitsministerium , dass die vollständige Impfung mit dem Astra-Zeneca®-Impfstoff das Risiko einer symptomatischen Infektion mit dem Delta-Virus um zirka 60 Prozent vermindert, die vollständige Impfung mit mRNA-Impfstoffen sogar um 88 Prozent (Pressemitteilung Public Health England 22. Mai 2021). „Breakthrough“-Infektionen bei vollständig geimpften Personen verlaufen meist asymptomatisch oder mit geringer bis mäßiger Symptomatik (CDC Morb Mortal Wkly Rep am 28. Mai 2021).

Die aus meiner Sicht beste Nachricht ist daher, dass eine vollständige Impfung unabhängig davon, ob es sich um einen mRNA- oder Vector-Impfstoff handelt, die meisten Menschen vor schweren Infektionsverläufen mit Krankenhaus- und Intensivstationsaufenthalten und Todesfällen schützt! Dieses Statement gilt nach heutigem Wissensstand für alle derzeitigen bekannten Virusvarianten.

Das ist aus meiner Sicht, als Intensivmediziner, auch das wichtigste Argument für die vollständige Durchimpfung der Bevölkerung. Den jede und jeder, die oder der nicht geimpft ist, wird sich letztlich infizieren. Und niemand kann den klinischen Verlauf einer Infektion exakt vorhersehen.

Aber auch die weltweite Dimension des Problems sollte uns allen große Sorgen machen. Solange das Virus über einen großen Menschenpool von ungeschützten Personen verfügt, steigt die Wahrscheinlichkeit für neue gefährlichere Virusvarianten stetig an. Eine nur teilweise geimpfte Bevölkerung erzeugt einen erheblichen biologischen Selektionsdruck auf das Virus – es ist daher mit der Entwicklung von weiteren „Variants of Concern“ zu rechnen. Im schlimmsten Fall entstehen Virusvarianten, die vollständig der durch Impfungen erreichten Immunantwort widerstehen. Nur eine weltweite Impfstrategie, die eine entsprechende koordinierte  finanzielle und logistische Unterstützung durch reiche Länder hat, kann die Pandemie beenden. Natürliche und künstlich gezogene Grenzen halten kein Virus auf.

COVID-19-Folgekrankheiten

COVID-19 und die damit assoziierten Belastungen gehen weit über das akute infektiöse Geschehen und das bereits bekannte Long-COVID-Syndrom hinaus. Eine Forschergruppe des US Department of Veterans Affairs (Al-Aly Z, Bowe B. Nature 2021;594:259-264) hat den klinischen Verlauf von 73.000 Menschen nach einer COVID-19-Infektion mit fast 5 Millionen Menschen ohne COVID-19-Infektion verglichen. Die Gruppen wurden anhand früherer Krankenhausaufenthalte und anhand soziodemographischer Parameter miteinander gematcht. Eine durchgemachte COVID-19-Erkrankung führte zu einer deutlichen Risikoerhöhung (10- bis 15-fach), in den nachfolgenden Monaten an arterieller Hypertension, chronischen Schlafstörungen und Störungen des Fettstoffwechsels zu erkranken. Herzrhythmusstörungen, eine koronare Herzerkrankung, Diabetes mellitus, Gedächtnisstörungen, Lungenerkrankungen, Pulmonalembolien und chronische Angststörungen traten 2- bis 4-fach häufiger nach einer COVID-19-Erkrankung auf.  Klinisch wurden häufiger neu auftretende Brustschmerzen und laborchemisch eine neu aufgetretene Anämie und ein erhöhtes Hb1c als Ausdruck eines gestörten Kohlehydratstoffwechsels beobachtet. Das Risiko von Patientinnen und Patienten, nach durchgemachter COVID-19-Erkrankung zu versterben, war um das 1,6-fache erhöht (8 zusätzliche Todesfälle pro 1.000 Menschen).

Die Autoren haben die Risiken von Komplikationen und Tod nach zunächst überlebter COVID-19-Erkrankung mit  den Komplikationen nach schweren Influenza-Erkrankungen mit Hospitalisationen verglichen. Das Risiko für Komplikationen und Todesfällen nach durchgemachter COVID-19-Erkrankung war deutlich über den Risiken, die mit einem schweren Grippeverlauf assoziiert sein können.  Ich denke, das wahre gesundheitspolitische und ökonomische Ausmaß der COVID-19-Pandemie und die Bedeutung für die zukünftige Entwicklung im Land sind noch gar nicht richtig abschätzbar! Persönlich bin ich der Ansicht, dass nur das rasche Erreichen einer Herdenimmunität — rund 80 Prozent Durchimpfungsrate bei den derzeitig vorherrschenden Varianten – und eine klar festgelegte, künftige Impfstrategie mit vorgegebenen Impfschemata und Intervallen die Pandemie in Österreich beenden kann. Zum Erreichen dieses Ziels wird man letztlich auch unbequeme politische Entscheidungen treffen müssen.

Neues zur Pathogenese der Erkrankung

Das Spikeprotein von SARS-CoV-2 ist der Schlüssel für die erfolgreiche, rasche Infektion von Wirtszellen des Respirationstraktes durch das Virus. Forschungen zeigen, dass eine Spaltungstelle (S1/S2) am Spikeprotein besondere Bedeutung für die ungehinderte Infektion von Wirtszellen hat (Hoffmann M, Pöhlmann S. Nature Medicine 2021; 6: 828-829). Die Spaltung des Spikeproteins an dieser Stelle durch die wirtszelleigenen Serinprotease TMPRSS2 nach der Bindung des Spikeproteins an den ACE2-Rezeptor erlaubt erst die Fusion der Virushülle mit der Wirtszelle und das ungehinderte Eindringen der Virus-RNA in das Zytoplasma. Damit entgeht das Virus dem unspezifischen Immunsystem, insbesondere dem Interferon-induzierten Transmembranprotein IFITM.  Ohne die Furinspaltungsstelle S1/S2 würde das Virus durch Endozytose, also in einer enkapsulierten Form, in Zellen aufgenommen werden. Die Freisetzung des genetischen Codes wäre deutlich reduziert und verlangsamt und das unspezifische Immunsystem hätte mehr Möglichkeiten, das Virus zu neutralisieren.

Vieles zur Pathogenese und den Symptomen einer COVID-19 Erkrankung ist derzeit unklar. Warum manche Personen besonders schwer, andere jedoch symptomlos bleiben oder mit geringer Symptomatik erkranken ist ebenfalls nicht geklärt. Eine Forschergruppe aus Yale hat mittels einer neuen Technologie 2.770 extrazelluläre und als Sekret ausgeschiedene Proteine bei 172 Patientinnen und Patienten mit schwerer COVID-19-Erkrankung, bei 22 asymptomatisch bzw. mild symptomatischen Personen und bei  30 Gesunden näher untersucht (Wang EY et al. Nature 2021; 595: 283). Patientinnen und Patienten mit COVID-19 haben, verglichen mit gesunden Kontrollpersonen, häufiger eine Vielzahl von Autoantikörpern, die gegen Bestandteile des Immunsystems, von Blutgefäßen, und einer Vielzahl von Organen gerichtet sind. Das Vorhandensein von Autoantikörpern gegen Typ I-Interferone ist dabei mit einem schwereren Erkrankungsverlauf assoziiert.  Autoantikörper gegen den OREXIN-Rezeptor im Gehirn korrelieren mit dem Ausmaß einer vorhandenen Bewusstseinstrübung, gemessen als Glasgow Coma Score. Der OREXIN-Rezeptor ist ein wichtiger Bestandteil der Formatio reticularis des Hirnstamms und ist in die Regulation unseres Aufmerksamkeits- und Wachheitszustandes eng eingebunden.  In einer anderen Arbeit wurden Autoantikörper im Liquor und im Blut von an COVID-19 erkrankten Patientinnen und Patienten untersucht (Song E. et al. Cell Resp 2021; 2:100288). Einer dieser Autoantikörper greift Moleküle von Geruchsneuronen an und ist daher mit einer Beeinträchtigung des Geruchsinns vergesellschaftet. Die Autoantikörper konnten auch bei Patientinnen und Patienten mit COVID-19 mit ansonsten normaler Liquorchemie nachgewiesen werden. In der letzten Zeit mehren sich Berichte über die Bedeutung von Autoantikörpern in der Genese der COVID-19-Erkrankung und ihrer Langzeitfolgen. In diesem Zusammenhang möchte ich noch einmal auf das häufige Auftreten von Antiphospholipid-Antikörpern bei schwer an COVID-19 Erkrankten erinnern. Wir haben dieses Phänomen bereits in einem unserer letzten Updates besprochen.    

Aktuelle Daten zu den Impfungen

Gerade wurde die Phase-3-Studie des neuartigen Novavax®-Impfstoffes publiziert (Health PT. et al. NEJM 2021; doi: 10.1056/NEJMoa2107659). Beim Impfstoff von Novavax® (NCX-CoV2373) wurde das rekombinant hergestellte Spikeprotein des Wildtyp Virus mit Matrix-M Adjuvant in Lipidnanopartikeln als  Transportvehikel verpackt. In Großbritannien wurden 14.000 Personen in gleich große Gruppen randomisiert. Die Verum-Gruppe erhielt 2x 5µg NCX-CoV2373, im Abstand von 21 Tagen, intramuskulär injiziert. Die Placebo-Gruppe erhielt je eine Injektion im selben zeitlich Abstand. Der Outcomeparameter war die Anzahl an PCR-positiven COVID-19 Erkrankungen mindesten sieben Tage nach der zweiten Impfdosis. Zehn Menschen der Verum-Gruppe und 96 Personen in der Placebogruppe infizierten sich nachweislich mit COVID-19. Die Effektivität des Novavax®-Impfstoffes ist mit fast 90 Prozent durchaus mit der Wirksamkeit der mRNA-Impfstoffe von Pfizer-Biontec® und Moderna® vergleichbar. Ein post-hoc Analyse der Daten unter Berücksichtigung der Virusvariante zeigte auch eine Wirksamkeit von 86 Prozent gegen B.1.1.7 (Alpha-Variante). Einzig in der Placebo-Gruppe traten schwere COVID-19-Infektionen mit insgesamt zwei Todesfällen auf. Die mit der Impfung assoziierten Nebenwirkungen waren mild bis moderat und traten häufiger nach der zweiten Impfdosis auf. Druckschmerzhaftigkeit und Rötung an der Injektionstelle, kurzzeitige Kopfschmerzen und Krankheitsgefühl sowie Muskelschmerzen waren die am häufigsten berichteten Nebenwirkungen. Es scheint, als ob wir bald einen weiteren wirksamen Impfstoff zur Bekämpfung der COVID-19 Pandemie zur Verfügung hätten. Als einen wichtigen weiteren Vorteil dieses Impfstoffs würde ich die Tatsache sehen, dass kein viraler Vector als Transportvehikel verwendet wurde. Damit sollte auch die sehr seltene, aber lebensbedrohliche Vakzin-induzierte thrombotische Thrombozytopenie mit erhöhter Thrombose, Embolie und Blutungsneigung Betroffener als Nebenwirkung von Vector-basierten Impfstoffen ausgeschlossen sein.  

In einer spanischen Studie wurde erstmals die Immunantwort auf ein heterologes Impfschema mit zwei unterschiedlichen Impfstoffen gegen SARS-CoV-2 untersucht (Borobia AM et al. Lancet 2021; 398:121). 450 Menschen in der Interventionsgruppe wurden 8 bis 12 Wochen nach der ersten Impfung mit dem Astra-Zeneca®-Impfstoff (ChAdOx-1-S) mit einer Dosis des mRNA-Impfstoffes von Pfizer-Biontec® nachgeimpft. In der Interventionsgruppe kam es zu einer deutlichen Steigerung der humoralen und zellulären, T-Zell vermittelten Immunantwort. Anti-Spikerezeptor Antikörpertiter stiegen um das mehr als 75-fache gegenüber der Erstimpfung mit einem Vektorimpfstoff an.  Leider gab es keine adäquate Kontrollgruppe in der Studie. Kontrollpersonen erhielten nämlich nur eine Impfung mit dem Astra-Zeneca Impfstoff. Trotzdem belegt die Untersuchung, dass ein Mix aus verschiedenen Impfstoffen durchaus eine sehr gute Immunantwort hervorrufen kann und dass ein heterologes Impfschema mit keinen schweren Nebenwirkungen assoziiert war.

Menschen, die bereits an COVID-19 erkrankt waren, halten sich oft für immun gegenüber dem SARS-CoV-2-Virus und verzichten häufig auf eine weitere Impfung. Stamatatos L et al. (Science 2021; 372:1413) haben die Immunantwort von Personen untersucht, die an COVID-19 erkrankt waren und nach einigen Monaten mit einem mRNA-Impfstoff nachgeimpft wurden. In geimpften Personen waren die neutralisierenden Antikörper gegen das Spike-Protein der Beta-Variante des Virus 25-fach höher als nach einer überstandenen COVID-19-Infektion ohne Nachimpfung. Die Zahl der Gedächtnis-B-Zellen gegen SARS-CoV-2 steigt sogar um das 5- bis 10-fache an! Obwohl bisherige Studien belegen, dass die Immunantwort nach durchgemachten Infektionen mit dem SARS-CoV-2 Virus noch nach zirka acht Monaten ausreichend besteht, erscheint eine Nachimpfung auch im Angesicht des immer häufigeren Auftauchens von Immun-Escape-Varianten durchaus sinnvoll.        

Neues zur Therapie

Tofacitinib ist ein oral einzunehmender, selektiver Januskinase (JAK) 1- und 3-Hemmer.  Tofacitinib blockt die intrazellulären Transduktionswege vieler proinflammatorischer Zytokine und verhindert damit die zelluläre Antwort auf Infektionsstimuli.  Tofacitinib moduliert die zelluläre Wirkung von Interferonen und von Interleukin-6 und reduziert die Zytokinproduktion von Typ-1- und Typ-17-T-Zellen, welche eine pathophysiologische Rolle bei der Entstehung des ARDS haben. Deshalb können möglicherweise JAK-Inhibitoren die Inflammation in der Lunge vermindern und ein Fortschreiten des ARDS bei COVID-19-Pneumonie verhindern. In einer brasilianischen Studie wurden 289 hospitalisierte Patientinnen und Patienten mit COVID-19 in zwei Gruppen randomisiert (Guimaraes PO, et al. NEJM 2021; doi: 10.1056/NEJMoa2101643). Die erste Gruppe erhielt Tofacitinib 10mg 2xtgl für mindestens 14 Tage oder bis zur Krankenhausentlassung; die zweite Gruppe Placebo. Fast 90 Prozent der Erkrankten erhielten zusätzlich Glukokortikoide. Das mittlere Alter lag bei 56 Jahren. 50,2 Prozent der Patientinnen und Patienten litten an arterieller Hypertension, 23,5 Prozent an Diabetes mellitus, 17 Prozent an Fettstoffwechselstörungen und 28 Prozent hatten eine Nikotin-Anamnese. Der primäre Outcome-Parameter der Studie war Tod oder zunehmendes respiratorisches Versagen innerhalb von 28 Tagen.  Insgesamt sind bis zum 28. Tag 2,8 Prozent der Patientinnen und Patienten in der Tofacitinib-Gruppe und 5,5 Prozent in der Placebo-Gruppe verstorben. Der primäre Outcome-Parameter (Tod oder respiratorische Verschlechterung) trat bei 18,1 Prozent in der Tofacitinib- und bei 29 Prozent in der Placebo-Gruppe auf. Beide Ergebnisse waren signifikant.

Derzeit werden verschieden antiinflammatorische Substanzen und Immunmodulatoren in Studien in der Behandlung von vorwiegend hospitalisierten Patientinnen und Patienten mit COVID-19 erprobt. Dazu gehören unter anderem IL-1 und IL-6 Rezeptorantagonisten (Anakinra, Tocilizumab, Sarilumab, Siltuximab), TNF-Hemmer (Adalimumab, Infliximab) und Granulozyten-Makrophagen Kolonien-stimulierende Faktoren (Ginsilumab, Lenzilumab, Namilumab). Über die Ergebnisse dieser Studien wird noch zu berichten sein.

Über den Einsatz der Interleukin-6 Rezeptor-Antagonisten Tocilizumab und Sarilumab wurde in mehreren Updates bereits berichtet. Die Wirksamkeit der Antagonisten auf den klinischen Verlauf einer schweren COVID-19 Erkrankung war dabei sehr gemischt, von positiven bis negativen Ergebnissen, ja sogar von Mortalitäts-steigernden Effekten war die Rede. Die WHO hat jetzt in einer großen Metaanalyse die Daten von insgesamt 10.930 Patientinnen und Patienten ausgewertet, von denen 6.449 mit IL-6 Rezeptorantagonisten behandelt wurden (WHO React Working Group JAMA 2021; doi: 10.1001/jama.2021.11330). Der primäre Outcome-Parameter der Studie war die 28-Tage-Mortalität. Das mediane Alter der Patientinnen und Patienten variierte je nach Studie zwischen 52 und 68 Jahren. Die Mortalitätsrate bis zum 28. Tag war unter IL-6-Rezeptor-Antagonisten mit 22 Prozent signifikant geringer als ohne (25 Prozent). Auch die Progression des Lungenversagens war unter IL-6-RA geringer als unter Standard- oder Placebo-Therapie. Zwischen den Gruppen wurde auch kein Unterschied im Auftreten sekundärer Infektionskomplikationen gefunden. Auch wenn die Studie einen signifikanten Unterschied in der 28-Tage Mortalität berichtet würde ich derzeit vor einem unkritischen Einsatz von IL-6 RA warnen. Die Mortalitätsunterschiede sind gering und nur bis zum 28. Tag evaluiert.

Das Outcome der komplexen Erkrankung COVID-19 hängt von zahlreichen Faktoren ab und letztere sind bei verschiedensten Studienzentren in keiner Weise zu standardisieren. Auch die Interaktion der IL-6-RA mit anderen immunsuppressiven Medikamenten oder dem Einsatz von Virostatika in den diversen Studien ist bei weitem nicht klar.  Ich würde daher derzeit vor allzu großem Enthusiasmus in der Verwendung von IL-6 RA  abraten.