Mit dem Beschluss der Novelle des Ärztegesetzes Ende des vergangenen Jahres und der Regelung der Details zur neuen Notarztausbildung durch die Österreichische Ärztekammer in diesem Jahr wird die klinische Ausbildung für Ärztinnen und Ärzte im organisierten Notarztdienst auf ein hohes europäisches Niveau gehoben. Die Ausbildung an Kliniken, die einen Notarztstützpunkt betreiben, vermittelt den angehenden Notärztinnen und -ärzten ein umfangreiches theoretisches Wissen. Für das Erlernen der notwendigen praktischen Fähigkeiten gibt es nun einen strukturierten Lehrplan, in dem die zu vermittelten Fertigkeiten genau festgelegt sind. Innerhalb eines Zeitraumes von zumindest 33 Monaten müssen künftige Notärztinnen und -ärzte klinische Kompetenzen erwerben. Darüber hinaus sind sie verpflichtet, gemeinsam mit erfahrenen Kolleginnen und Kollegen Einsatzfahrten zu absolvieren, um die besonderen Bedingungen der prähospitalen Patientenversorgung in der Praxis kennenzulernen.

Weitere Qualifikationen geplant

Für die weitere Verbesserung der Ausbildung von Notfallmedizinerinnen und -medizinern strebt es die ÖGARI nun gemeinsam mit anderen notfallmedizinisch orientierten Organisationen wie der Österreichischen Vereinigung für Notfallmedizin (AAEM) an, eine „Spezialisierung Notfallmedizin“ zu etablieren. Eine „Spezialisierung“ ist eine rechtlich genau geregelte Form der Zusatzqualifikation nach Erreichen des Facharztniveaus. Die geplante Spezialisierung soll sich vor allem an Notfallmedizinerinnen und Notfallmediziner wenden, die innerklinisch tätig sind, also in den zunehmend etablierten Notaufnahmen in den Spitälern. Als Vorbild kann hier die deutsche Zusatzweiterbildung „Klinische Akut- und Notfallmedizin“ dienen. Das ist eine Weiterbildung von 24 Monaten, ergänzt durch theoretische Inhalte. Die Spezialisierung soll Fachärztinnen und Fachärzten für Innere Medizin, Anästhesiologie und Intensivmedizin, Traumatologie, Chirurgie, Neurologie und gegebenenfalls auch anderen an der Notfallversorgung beteiligten Fächern offenstehen. Derzeit laufen Gespräche der Fachgesellschaft mit den Landesärztekammern, um die Einrichtung einer solchen Zusatzqualifikation in die Wege leiten zu können.

Eine ebenso wichtige Rolle in der hohen Qualität unserer Notfallmedizin spielt die Ausbildung der Rettungsanitäterinnen und -sanitäter. Auch hier sind Bemühungen zu einer Reform der Aus- und Weiterbildung im Gange, in die sich die Anästhesiologie mit großem Engagement einbringen möchte.

Aus- und Weiterbildung „neu gedacht“: Simulation macht die Notfallmedizin sicherer

Seit einigen Jahren hat sich die „Medizinische Simulation“ als eine wichtige Ergänzung der klinischen Ausbildung etabliert – auch hier haben die Notfallmediziner in der ÖGARI eine führende Rolle inne. Ziel eines Simulationstrainings ist es, richtiges Handeln unter dem Zeitdruck einer Notfallsituation zu erlernen.

Um ein Österreich-weit einheitlich hohes Qualitätsniveau von Simulationstrainings sicherzustellen, hat die ÖGARI Zertifizierungsrichtlinien publiziert: Hier ist genau festgelegt, was Simulationszentren qualitativ und quantitativ bieten müssen, wenn sie Teams für das Beherrschen kritischer Situationen im klinischen Alltag trainieren wollen. Mittlerweile existieren in nahezu allen Bundesländern in Österreich zertifizierte Simulations-Einrichtungen, um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Akutbereichen von Kliniken (OP, Notaufnahme, Schockraum, Intensivstation) für ihre anspruchsvollen Aufgaben auszubilden. Federführend ist in den meisten dieser Zentren die Anästhesie.

Bei jedem Notfalleinsatz spielen nicht nur fachliche Fähigkeiten, sondern auch nicht-technische Fertigkeiten eine sehr wichtige Rolle – die Interaktionen zwischen Menschen, Technik und Organisation. Bis zu 70 Prozent aller unerwünschten Zwischenfälle in der Medizin sind, wie internationale Studien zeigen, darauf zurückzuführen, dass es Mängel in der Kommunikation, der Teamzusammenarbeit, der Entscheidungsfindung, beim Situationsbewusstseins oder der Aufgabenorientierung gab.

Um die Sicherheit zu erhöhen, übernimmt die Medizin daher zunehmend Methoden wie sie in anderen besonders sicherheitssensitiven Branchen wie der Luftfahrt etabliert sind. Neben Briefing, Debriefing oder dem Einsatz von Checklisten ist das vor allem auch Training am Simulator.

Ähnlich wie im Flugsimulator lernen Behandlungsteams aus Medizin und Pflege im Simulationszentrum – oder aber auch im eigenen Schockraum, OP oder an der eigenen Intensivstation – unter Anleitung von erfahrenen Trainerinnen und Trainern den kompetenten Umgang mit (meist unerwarteten) kritischen Ereignissen in der Patientenversorgung. Die simulierten Situationen kommen der Realität sehr nahe, da sie nach den Daten von tatsächlichen Notfällen gestaltet werden können. Studien zeigen, dass Ärztinnen und Ärzte, die in ihrer Ausbildung auch mittels Simulation lernen, für künftige Aufgaben besonders gut vorbereitet sind.

High-fidelity Simulatoren können nicht nur verschiedene Krankheits- und Verletzungsbilder und deren Folgen realitätsgetreu simulieren, sie reagieren auch auf die therapeutischen Maßnahmen, welche die Übungsteilnehmer setzen – zum Beispiel darauf, welche und wie viele Medikamente gegeben werden. Der gesamte Ablauf wird für die Nachbesprechung mittels Videos aufgezeichnet.  Spezielle Modelle gibt es zum Erlernen oder Trainieren von Maßnahmen bei Kleinkindern mit ihren besonderen Herausforderungen.

Simulation ist eine Lernmethode, bei der vorhandenes Wissen in immer wieder neuen Situationen angewandt werden muss. Wichtig ist, dass in der Nachbesprechung von den Teilnehmern aufgearbeitet wird, was gut und was weniger gut gemacht wurde. So werden die besten Lerneffekte erzielt. Regelmäßiges Training am Simulator kann Erfahrungen aus echten Notfalleinsätzen zwar nicht ersetzen – fehlende Routine jedoch mildern und auf seltene und in der Praxis schwer erlernbare Situationen vorbereiten. Dies erhöht nachweislich die Kompetenz im Beherrschen von Notfallsituationen.

Quellen:

Gomar C et al: Can we improve learning transfer when using simulation as a teaching methodology? http://newsletter.esahq.org/can-improve-learning-transfer-using-simulation-teaching-methodology/

Espey E et al: Emergency in the clinic: a simulation curriculum to improve outpatient safety. Am J Obstet Gynecol 2017;217(6):699

Marung H: NAsim 25 – verbesserte Notarztausbildung durch Simulation. In: Neumayr A., Baubin M., Schinnerl A. (Hg): Zukunftswerkstatt Rettungsdienst. Springer, Berlin, Heidelberg 2018