Bestmögliche Sicherheit für Patientinnen und Patienten, einheitliche Vorgangsweise
Das Fach Anästhesiologie und Intensivmedizin ist seit Pandemiebeginn aufgrund seiner besonderen Rolle im Pandemiemanagement und in der stationären Versorgung so sehr in den Fokus des öffentlichen Interesses geraten wie selten zuvor. „Die Corona-Krise hat nicht nur unsere Leistungen sichtbarer gemacht, vielen ist erst aufgefallen wie breit das Aufgabenspektrum der Anästhesiologie und Intensivmedizin ist und wie rasch selbst in einem hervorragend ausgestatteten Land wie Österreich die Versorgungsressourcen an ihre Grenzen stoßen können“, sagt der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) Prim. Univ.-Prof. Dr. Walter Hasibeder. „Auch wenn uns angesichts der aktuellen Intensivbelegungszahlen das akute Krisenmanagement wieder einmal sehr in Anspruch nimmt, halten wir es zugleich für wesentlich, für die Zukunft zu planen und Positionen und Vorschläge dafür zu entwickeln, wie das Fach Anästhesiologie und Intensivmedizin weiter gestärkt und zukunftsfit gemacht werden kann. Dies nicht zuletzt auf Basis der Pandemie-Erfahrungen.“
Dabei seien verschiedenste Bereiche zu berücksichtigen, betont der ÖGARI-Präsident. Unter anderem gehe es um die Herausforderung, „auch für die Zukunft sicherzustellen, dass es ausreichend viele und hervorragend ausgebildete Fachärztinnen und Fachärzte gibt, denn hier könnte uns ein Mangel drohen.“
Ein anderes großes Zukunftsthema ist die bestmögliche Ausstattung der Abteilungen für Anästhesiologie und Intensivmedizin nach einheitlichen Qualitätsstandards. Genau zu diesem Thema hat jetzt eine Gruppe von Expertinnen und Experten aus Medizin und Pflege für die ÖGARI umfassende Empfehlungen1 erarbeitet. Der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) beschreibe zwar qualitative und quantitative Ausstattungsmerkmale und teilweise auch personelle Kriterien für Abteilungen für Anästhesiologie und Intensivmedizin, sagt Prof. Hasibeder. „Im Entstehungsprozess des ÖSG geben auch die wissenschaftlichen Fachgesellschaften ihre Empfehlungen ab, aber die endgültige Entscheidung über die Inhalte trifft die Politik, und hier fließt nur ein Teil der Vorschläge der Wissenschaft ein. Die ÖSG-Empfehlungen können daher nur als gesetzlich vorgeschriebene Mindeststandards gesehen werden. Wichtige Themen, insbesondere was ärztliche und pflegerische Personalschlüssel und Qualifikation betrifft, sind entweder im ÖSG und den regionalen Strukturplänen gar nicht enthalten oder regional unterschiedlich geregelt.“ Dazu kommt, dass Fortschritte in der Medizin oft ein erheblich höheres Tempo haben als politische Entscheidungsprozesse, oder Veränderungen in der Altersstruktur der Bevölkerung, die sich im Versorgungsbedarf, aber nicht in der Gesundheitsplanung widerspiegeln.
In fünf Abschnitten definieren die neuen ÖGARI-Empfehlungen sehr detailliert:
- welche technische Ausstattung für das Monitoring von Patientinnen und Patienten an jedem Narkosearbeitsplatz verfügbar sein soll;
- welches Equipment für die Beherrschung von Notfallsituationen erforderlich ist, wie rasch es verfügbar sein soll und wie seine Bedienung trainiert werden soll;
- wie ein Anästhesiearbeitsplatz personell ausgestattet sein soll;
- wie Aufwachräume und Holding Areas technisch (Monitoring) und personell ausgestattet sein sollen;
- wie Intensivstationen der Kategorien I, II und III apparativ und personell (Medizin, Pflege, weitere Berufsgruppen) ausgestattet sein sollen.
„Die Anforderungen an eine qualitativ hochwertige anästhesiologische und intensivmedizinische Versorgung steigen laufend. Die Pandemie hat nicht nur die Bedeutung unseres Faches für die gesamte stationäre Versorgung noch deutlicher gemacht, es sind auch mögliche Schwachstellen deutlicher geworden“, sagt ÖGARI-Präsident Prof. Hasibeder. „Vor diesem Hintergrund halten wir es für unabdingbar, im ÖSG und den regionalen Strukturplänen die strukturellen und personellen Anpassungen vorzunehmen, die wir vorschlagen und die wir dem Gesundheitsministerium auch bereits vorgelegt haben. Eine bestmögliche Ausstattung der Abteilungen für Anästhesiologie und Intensivmedizin bedeutet auch eine größtmögliche Patientensicherheit.“
1 Hasibeder, Likar, Zink, Goedecke, Hörmann, Schaden, Chiari, Paal, Germann, Knotzer, Urschitz: ÖGARI Empfehlungen für das Monitoring von Patienten und die personelle Ausstattung von Fachabteilungen für Anästhesiologie und Intensivmedizin.