Die zunehmende Zahl von Berichten über zum Teil schwere Komplikationen bei prähospitaler Anwendung des Larynxtubus (LT) hat die Österreichische Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) veranlasst, eine Stellungnahme zur Anwendung des LT durch (Notfall-)Sanitäter bei Erwachsenen zu formulieren. Hier eine Zusammenfassung.
Ursprünglich hatte der LT durch scheinbar einfache Anwendbarkeit und eine steile Lernkurve überzeugt. Die inzwischen zunehmende Zahl an Berichten über Komplikationen, die mit der steigenden Zahl der Anwendungen durch wenig versierte Nutzer schlüssig erklärt werden kann, hat allerdings ein Umdenken bewirkt. Komplikationen der (prähospitalen) Anwendung des LT betreffen vor allem Zungen- bzw. pharyngeale Schwellung und Glottisödem, die sehr häufig auf Überblockung der Cuff-Ballons zurückzuführen sind. Ebenso wurde über inadäquaten Sitz mit hoher Leckage, Dislokationen, Magenüberblähung und Aspiration sowie Hyperkapnie bei insuffizienter Ventilation berichtet. In Einzelfällen wurden auch Verletzungen des Ösophagus bis hin zu Perforation, Mediastinal- und Hautemphysem beschrieben.
Die Anwendung des LT wird häufig der Beutel-Masken-Beatmung (BMB) gegenübergestellt, obwohl der LT grundsätzlich den erweiterten Reanimationsmaßnahmen zuzurechnen ist. So zählt die Anwendung des LT laut Gesundheits- und Krankenpflegegesetz (GuKG 2014) „…
zu den einfachen lebensrettenden Sofortmaßnahmen, da keine höhere manuelle Geschicklichkeit erforderlich ist als bei Beatmung mit Maske und Beutel, … (entsprechende, Anm.) Kenntnisse und Fertigkeiten sind in der Aus-, Fort- und Weiterbildung zu vermitteln“.
In ihrer Stellungnahme zum Entwurf des GuKG 2015 sprach sich auch die Österreichische Ärztekammer (ÖÄK) gegen die Bewertung des LT als „einfache Maßnahme“ aus und forderte deren Einstufung als Advanced-Life-Support (ALS)-Maßnahme, bei der aus Gründen der Patientensicherheit verpflichtende Fortbildungsmaßnahmen und regelmäßiges Training für Angehörige des gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegeberufes sichergestellt sein müssen.
Im Zusammenhang mit der Zulässigkeit der Anwendung des LT an Erwachsenen durch Rettungs- oder Notfallsanitäter in Österreich stellen sich aus Sicht der ÖGARI zwei Fragen:
- Wie sollte die Ausbildung für eine sichere Anwendung dieses Hilfsmittels aussehen?
- Gibt es ggf. Alternativen zur Oxygenierung bzw. Ventilation von Notfallpatienten, insbesondere im Rahmen einer kardiopulmonalen Reanimation (CPR)?
Ausbildung
Mit Bezug auf die aktuelle Ausbildungssituation und geltende Gesetze wird empfohlen, die „Notfallkompetenz Intubation, NKI“ für Notfallsanitäter in eine „Notfallkompetenz zur Anwendung extraglottischer Atemwege, NKEGA“ umzuwandeln. Die Ausbildung muss theoretische Grundlagen der Anatomie, Physiologie und Pathologie des Atemwegs sowie der Atmung, einschließlich organbezogener Interaktionen, vermitteln. Im Anschluss muss die Methodik der Atemwegssicherung mit einer extraglottischen Atemwegshilfe (EGA) in Theorie und Praxis zunächst am Phantom umfassend gelehrt werden. Darüber hinaus ist unbedingt klinischer Kompetenzerwerb durch ein Praktikum im Operationssaal unter ärztlicher Anleitung und Supervision zu ermöglichen.
Die gesamte Ausbildung sollte zumindest 40 Stunden Theorie, praktische Einweisung am Übungsmodell bis zur sicheren Beherrschung der Methodik und anschließend zumindest 20 erfolgreiche Anwendungen an erwachsenen Patienten unter klinisch-elektiven Bedingungen und ärztlicher Anleitung umfassen. Hier können, abhängig von lokalen Gegebenheiten, sowohl Larynxmaske als auch Larynxtubus zur Anwendung gelangen.
Im prähospitalen Umfeld muss dann jenes Hilfsmittel zum Einsatz kommen, welches gemäß den erwähnten Vorgaben vom Notfallsanitäter erlernt wurde. Ausschließlich EGA der 2. Generation (mit Kanal für gastrale Absaugung) sollten Verwendung finden. Nach Anlage eines EGA sind zeitnahe Cuff-Druck-Messung und gastrale Absaugung zu fordern.
Alternativen zum LT
Beutel-Masken-Beatmung (BMB) mit hohem Sauerstofffluss erscheint bei Patienten im Herz-Kreislauf-Stillstand, insbesondere in Kombination mit einem oropharyngealen Tubus, als probate Methode zur Sicherstellung von Oxygenierung und ausreichender Ventilation. Da aber auch die BMB klinisches Training erfordert, stellt sich die Frage nach einfacheren Alternativen. Larynxmaske (LM) und i-gel® werden seit Längerem von Sanitätern diverser Rettungsorganisationen eingesetzt, wobei bis dato keine spezifischen LM- oder i-gel®-Komplikationen berichtet wurden. Da bisher jedoch nur wenige randomisierte Untersuchungen zum Einsatz dieser Techniken durch nichtärztliches Personal vorliegen, ist ein engmaschiges Monitoring erforderlich.
Die Apnoische Oxygenierung – 100% Sauerstoff mit hohen Flussraten (40–70 l/min bei Erwachsenen, 2 l/kgKG und min bei Kindern) über spezielle Nasenbrillen in Phasen der Apnoe nach Applikation von Narkotika und Muskelrelaxanzien scheint geeignet, kritische Desaturierung bei Erwachsenen deutlich über 20 und bei Kindern über fünf Minuten hinaus zu vermeiden.
Für Patienten mit (insuffizienter) Spontanatmung könnte ggf. auch die Anwendung von CPAP eine Option darstellen. Die zu vermittelnden theoretischen Grundlagen entsprechen den oben angeführten; die praktische Ausbildung könnte auch im Peer-to-peer-Verfahren sowie im klinischen Bereich in ausgewählten Krankenhäusern erfolgen. (Redaktionsteam/HL)
Quelle: Trimmel, H., Halmich, M. & Paal, P. Anaesthesist (2019) 68: 391. https://doi.org/10.1007/s00101-019-0606-y