Übergewichtige Patienten stellen den Anästhesisten während einer Narkose und bei Behandlungen auf der Intensivstation vor besondere Herausforderungen. Über dieses Phänomen diskutierten Anästhesisten, Intensivmediziner und Notfallmediziner neben einer Vielzahl anderer Themen auf dem „Deutschen Anästhesie Congress“ (DAC) Ende April 2018 in Nürnberg.
„Wir müssen damit rechnen, dass wir in den nächsten Jahren deutlich mehr übergewichtige Patienten in den Krankenhäusern zu Operationen und auf den Intensivstationen haben werden“, so Professor Dr. med. Martin Welte, Kongresspräsident des DAC 2018. Welcher zusätzliche Aufwand und welche Schwierigkeiten sich durch das Übergewicht bei der Behandlung eines Patienten ergeben, hänge von der Ausprägung der Adipositas ab. Bei einem Body-Mass-Index von 30 bis 35 bestehe kein erhöhtes Risiko für eine Narkose. Ab einem Index von 40 müsse aber vermehrt mit Komplikationen gerechnet werden. Prof. Welte nennt hier vor allem Herausforderungen bei der Beatmung in der Narkose und beim Aufwachen nach der Operation, wenn die Patienten noch nicht wach genug und die Narkosemedikamente noch nicht abgebaut sind und eine verstärkte Überwachung der Atmung notwendig wird. Außerdem erfordern übergewichtige Patienten auch stabilere Operationstische und mehr Personal, um die Operierten und Erkrankten anheben zu können, so Prof. Welte: „Dies ist auch ein logistisches Problem“.
Bedeutende Schnittstelle zwischen Forschung und Klinik
„Wissen leben“ war das Motto des DAC 2018: „Wir müssen etwas wissen, und dies dann sinnvoll in der Praxis leben, das heißt umsetzen“, erklärte Prof. Dr. med. Bernhard Zwissler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI). Der Kongress in Nürnberg sei sehr bedeutsam als Schnittstelle zwischen Forschung und Klinik, um neues, theoretisches Wissen in die Praxis zu übertragen und den Patienten zugutekommen zu lassen.
Delir nach Narkose als Herausforderung und Gefahr
Im Bereich der Intensivmedizin ist die Vermeidung von Delir inzwischen eine große Aufgabe. Auch darüber wurde auf dem DAC in Nürnberg beraten. Delir-Patienten sind sehr unruhig, können von Schwestern und Ärzten auf der Intensivstation kaum geführt werden, erkennen ihre Umgebung und ihre Angehörigen nicht mehr und laufen auch Gefahr, sich selbst zu gefährden. Professor Welte sagte, dass auch diese Fälle im Zuge des demographischen Wandels in Zukunft zahlreicher werden: Es gelte, gefährdete Patienten schon frühzeitig zu erkennen und, dass Pflegepersonal und Ärzte bei der Versorgung der Menschen nach abgestimmten Konzepten Hand in Hand arbeiten.
Telemedizin bringt Notarzt-Wissen überall hin
Einen weiteren Schwerpunkt stellte auf dem DAC die Notfallmedizin dar. Die Arbeit von Notärzten Arbeit wird in den kommenden Jahren zunehmend durch Telemedizin unterstützt: „Darauf können wir nicht verzichten“, macht Kongresspräsident Welte deutlich. Um eine wohnortnahe Notfallversorgung zu gewährleisten, ist die Telemedizin zunehmend bedeutsam: Rettungsdienstkräfte können sich im Einsatz per Mobiltelefon und Datenübertragung an einen Notarzt in einer Zentrale wenden, der sie dann unterstützt, bis der mobile Notarzt helfen kann. Solche Systeme stehen in Deutschland zum Beispiel in der Region Aachen und im Landkreis Vorpommern-Greifswald zur Verfügung.
Beim Deutschen Anästhesie Congress wurde das gesamte breite Spektrum der Anästhesie mit ihren Teilbereichen abgebildet. Weit über 200 Veranstaltungen standen auf dem Programm: Vorträge, Präsentationen und Workshops. Auf dem DAC 2018 in Nürnberg waren mehr als 3.000 Teilnehmer vertreten. (Redaktionsteam/DAC Pressemitteilung)